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An einem sonnigen Wintermorgen 1875 herrscht großer Andrang im Hafen von Bremerhaven. Gleich wird die »Mosel« ablegen. Ihr Ziel: New York. Plötzlich zerreißt ein Knall die Luft. Menschen, Tiere, ganze Fuhrwerke werden durch die Luft geschleudert. Eine Dynamit-Explosion mit vielen Toten und Verletzten. Die »Thomas-Katastrophe« macht weltweit Schlagzeilen. Beim Begräbnis stehen sich zwei Frauen gegenüber. Die eine hat gerade fast ihre gesamte Familie verloren. Die andere ist die Ehefrau des »Dynamit-Teufels«. Beide Frauen beginnen ein neues Leben, bis die eine, Jahre später, unvermittelt in New York vor der Tür der anderen steht ...
Silke Böschen wurde in Bremerhaven geboren. Nach einem Zeitungsvolontariat und dem Journalistik-Studium arbeitete sie viele Jahre als Fernseh-Moderatorin in der ARD. Sie war das Gesicht des Politik-Magazins »Kontraste«. Zuvor moderierte sie als zweite Frau überhaupt die »ARD-Sportschau«. Nach Stationen in Berlin und Frankfurt lebt Silke Böschen heute mit ihrer Familie in Hamburg. Sie ist als Fernsehreporterin unterwegs und gibt ihr Wissen als Kommunikations-Trainerin weiter. Für ihren ersten Roman »Träume von Freiheit - Flammen am Meer« recherchierte sie in vielen Archiven: Passagierlisten, die Original-Aufzeichnungen der Detektei Pinkerton aus den USA und zahllose Zeitungsberichte aus dem 19. Jahrhundert ließen sie in diese längst vergangene Welt eintauchen.
Autorentext
Silke Böschen wurde in Bremerhaven geboren. Nach einem Zeitungsvolontariat und dem Journalistik-Studium arbeitete sie viele Jahre als Fernseh-Moderatorin in der ARD. Sie war das Gesicht des Politik-Magazins »Kontraste«. Zuvor moderierte sie als zweite Frau überhaupt die »ARD-Sportschau«. Nach Stationen in Berlin und Frankfurt lebt Silke Böschen heute mit ihrer Familie in Hamburg. Sie ist als Fernsehreporterin unterwegs und gibt ihr Wissen als Kommunikations-Trainerin weiter. Für ihren ersten Roman »Träume von Freiheit - Flammen am Meer« recherchierte sie in vielen Archiven: Passagierlisten, die Original-Aufzeichnungen der Detektei Pinkerton aus den USA und zahllose Zeitungsberichte aus dem 19. Jahrhundert ließen sie in diese längst vergangene Welt eintauchen.
Leseprobe
Bremerhaven, 11. Dezember 1875
Eine Locke hüpfte auf die Stirn. Eine blonde, unartige Locke. Johanne stöhnte. Nun hatte sie das Haar schon so streng zurückgekämmt, und immer noch widersetzten sich ihre Haare allen Versuchen, Teil einer damenhaften Erscheinung zu sein. Mit einer weiteren Klemme stopfte sie die Strähne zurück unter den Hut. Er passte so gut zu dem neuen Paisleyschal, den ihr Christian geschenkt hatte. Trotz der Kälte entschied sie sich gegen einen Muff. Mit Elschen auf dem Arm brauche ich nur Handschuhe, überlegte sie und riss die Schublade an der Garderobe auf. Leer.
»Gesine! Gesiiinne! Wo sind meine Handschuhe?«
Das Dienstmädchen kam aus der Küche gelaufen. »Gnädige Frau, ich habe gestern Abend alles zum Trocknen vor den Herd gehängt. Hier, bitte sehr!«
»Wie umsichtig, Gesine. Vielen Dank.« Sie schenkte dem Mädchen ein herzliches Lächeln.
Gesine freute sich über das Kompliment ihrer jungen Herrschaft. Sie hatte Glück mit der Anstellung bei den Claussens mit ihrem Baby. Hier wollte sie länger aushalten.
»Nun muss ich aber los. Ist Elschen noch in der Küche?«
»Ja, ich habe sie in ihr Kinderstühlchen gesetzt, sie ist aber schon zurechtgemacht.«
Johanne zog die kleine Elisabeth vorsichtig aus dem Stuhl. Das Mädchen war jetzt neun Monate alt. Und Gesine hatte sich alle Mühe gegeben, sie warm anzuziehen. Zwei Schichten wollene Wäsche, die selbst gestrickte rote Mütze mit den passenden Handschühchen, dazu der dicke, viel zu große Kindermantel - das Baby ähnelte vom Umfang einer kleinen Robbe. Johanne musste lachen.
Gesine beobachtete sie. So fröhlich und so hübsch, wie die junge Frau Claussen da vor ihr stand. Mit geröteten Wangen und diesem Ausdruck von Arglosigkeit in den blauen Augen.
»Bis später, Gesine, die 'Mosel' müsste so gegen halb zwölf ablegen. Dann komm ich direkt wieder nach Hause!«
Die Tür fiel ins Schloss, und Gesine begann in der Küche, den Kohl für das Mittagessen zu rupfen.
Die Wintersonne blendete. Ein wolkenloser Himmel in einem leuchtenden Blau erstreckte sich über den Deich hinaus auf die Weser und die beginnende Nordsee. An Land war alles weiß. In der Nacht hatte sich eine geschlossene Schneedecke gebildet. Durch den Schnee wirkte alles gedämpft, selbst die Betriebsamkeit des Hafens wirkte langsamer als sonst, dachte Johanne, als sie am Alten Hafen vorüberging. Ein ungewöhnlich schöner Tag für diese Jahreszeit. Der Dezember war im Norden üblicherweise ein Monat mit grauen Tagen und viel Regen. Doch jetzt war die Luft eisig und ließ Johannes Wangen brennen vor Kälte. Diese Winterstimmung versetzte sie in ein Hochgefühl. Auch Elsie lugte aus ihrer Umklammerung hervor und lachte ihre Mutter an. Johanne gab ihr einen Kuss auf die kalte Kindernase und drückte das Baby an sich. Jetzt waren es keine zwei Wochen mehr bis Weihnachten. Das erste Weihnachtsfest mit ihrer eigenen Familie! Die selbst gebastelten Strohsterne lagen schon bereit, und Christian hatte ihr einen schönen Baum versprochen.
Was würden ihre Eltern sagen und die Geschwister? Sie alle sollten kommen am ersten Weihnachtstag. In Johannes neues Zuhause. Doch da verdüsterte sich ihre gute Stimmung. Gustav würde nicht dabei sein. Ausgerechnet Gustav, ihr Lieblingsbruder. Jetzt gleich musste sie Abschied nehmen. Johanne schluckte. Im Dezember nach Kalifornien aufzubrechen, so etwas Verrücktes. Gestern Abend noch hatte sie mit Christian darüber gesprochen. Es war die schlechteste Jahreszeit für eine Atlantik-Passage. Raue See. Stürme. Vielleicht sogar Eisberge. Wie schnell konnte da ein Schiff untergehen. Gerade erst war die »Deutschland« gesunken. Was für ein Drama vor der Küste Englands. Wohl über hundert Menschen waren dort ertrunken im eisigen Wasser. Bei dem Gedanken daran blieb Johanne abrupt stehen. Ihr Herz schlug schneller. Sie hatte Angst um Gustav. Aber so etwas hatte