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Wir alle kennen ihn - aber wer ist Michael Jackson? In ihrem eleganten Essay nähert sich Margo Jefferson der spannendsten und widersprüchlichsten Figur der Popkultur, einem Star, den Hits wie Billie Jean und Thriller unsterblich machten. Sie analysiert das Phänomen Jackson, wie er erst als schwarzer Kinderstar, dann als exzentrischer Freak und schließlich als Verdächtigter vor Gericht von sich reden machte - und zur zerbrechlichsten Ikone der Postmoderne wurde. Eine brillante, pointiert gefasste Studie, die Publishers Weekly mit Susan Sontags frühen Aufsätzen zur amerikanischen Popkultur verglich.
Margo Jefferson schrieb als Literatur- und Theaterkritikerin für Vogue, Harper's, Newsweek Magazine, American Theatre, Dance Ink, The Village Voice und von 1993 bis 2006 für The New York Times. 1995 erhielt sie den Pulitzer-Preis. Sie unterrichtet an der Columbia University und lebt in New York.
Autorentext
Margo Jefferson schrieb als Literatur- und Theaterkritikerin für Vogue, Harper's, Newsweek Magazine, American Theatre, Dance Ink, The Village Voice und von 1993 bis 2006 für The New York Times. 1995 erhielt sie den Pulitzer-Preis. Sie unterrichtet an der Columbia University und lebt in New York.
Leseprobe
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ZUHAUSE
»Home is the place where, when you have to go there / They have to take you in.« Dieser Vers des amerikanischen Dichters Robert Frost hat etwas Beunruhigendes. Denn so kann es einem natürlich auch gehen, eingeschlossen, eingekerkert mit Seinesgleichen an dem Ort, von dem man so dringend wegwollte. Was wird man sich nicht alles einfallen lassen, um einander das Leben zur Hölle zu machen? Die Jacksons sind eine ziemlich gruselige Familie. Von Anfang an waren sie ein PR-Konstrukt und ein lebender Mythos: Sie galten als Familie, die ganz klein anfing, die ins Showbusiness drängte, die schwarze Familienwerte repräsentierte, und inzwischen gelten sie als Familie, die Hollywood-Skandale verursacht und die eigene Berühmtheit nicht verkraftet hat. Ihre Geschichte gleicht einem Märchen, das von Journalisten, Drehbuchschreibern, Fans und einem ganzen Ensemble von ehemaligen Angestellten, von Anwälten und Managern bis hin zu Gärtnern und Bediensteten immer wieder neu erzählt wird.
Familien erinnern bisweilen an organisierte Religionen: Fast jedes Verbrechen kann im Namen der Familien begangen und vertuscht werden, und die Jacksons haben da eine ganze Menge auf Lager. Angefangen mit der abgründig viktorianischen Familienstruktur. Joseph Jackson, der Patriarch, der seinen Kindern die harten Lektionen von Gehorsam und Überleben erteilt. Katherine, die sanftmütige Mutter, die sich für die körperlichen und geistigen Bedürfnisse ihrer Kinder zuständig fühlt. Joseph und Katherine arbeiten sehr viel, und das jeden Tag. Sie haben neun Mäuler zu stopfen, müssen neun Kinder durch die Schule bringen und sie vor schlechtem Einfluss schützen. Die Kinder stehen bei Sonnenaufgang auf. Sie müssen im Haushalt mit anpacken. Keines von ihnen darf mit anderen Kindern spielen, außer in der Schule, wo solcher Kontakt unvermeidlich ist.8
Joseph arbeitet in einer Stahlmühle. Wenn es hart auf hart kommt, erntet er nebenher Kartoffeln. Aber irgendwie findet er auch Zeit für sexuelle Abenteuer. Katherine schmeißt den Haushalt und kümmert sich um die Kinder. Wenn das Geld knapp wird, arbeitet sie als Aushilfe bei der Kaufhauskette Sears. Ihre jüngsten drei Kinder sind zwischen sechs und zwei. Michael ist fünf. Sie hat für nichts anderes Zeit, bis zu dem Tag im Jahr 1963, als ein Zeuge Jehovas an ihrer Tür klingelt. Höflich, aber entschieden spricht er von den Widrigkeiten dieser Welt und den Verheißungen der kommenden.
»Schönen guten Tag. Ich bin hier, um Ihnen die frohe Botschaft einer neuen Welt zu überbringen, in der es kein Verbrechen gibt und die vollkommen ist. Möchten nicht auch Sie in einer Welt leben, in der Sie Ihre Tür nicht länger abschließen müssen und in der alle Geschöpfe nach den Gesetzen eines vollkommenen Herrschers leben?«
»Ich überbringe Ihnen und Ihren Nachbarn eine biblische Botschaft, eine Botschaft des Trostes und der Hoffnung. Ich sehe, dass Sie ein kleines Kind haben. Möchten nicht auch Sie, dass es in einer Welt aufwächst, die weder Krankheit noch Tod kennt?«
Der Zeuge lässt Katherine etwas zu lesen da, vielleicht eine Ausgabe von Wachtturm oder Erwachet! oder auch das Buch Wahrheit der Zeugen, »Jehova und Jesus Christus gewidmet«. Noch im selben Jahr lässt sich Katherine taufen, im Schwimmbecken der Roosevelt High School (die schon bald darauf berühmt wird als die Schule von Jackie, Tito und Jermaine und der Ort, an dem die Jackson Five ihren ersten Nachwuchswettbewerb gewinnen).