Viele Menschen sind heute auf der Suche nach spirituellen Erfahrungen, oft in den östlichen Religionen. Demgegenüber lenkt Karin Seethaler den Blick auf den Schatz der kontemplativen Tradition des Christentums und hebt die darin liegende therapeutische Kraft hervor. In vier Hauptkapiteln zeigt sie in kleinen, konkreten Schritten auf, wie man in die Grundhaltungen der Kontemplation hineinfinden kann. Es sind dies die Achtsame Haltung: Aufmerksam sein für das, was ist Zugewandte Haltung: Ausrichtung auf Gott Vergebende Haltung: Bereit sein für Versöhnung Leidensbereite Haltung: Leidvolles begegnen und tragen Dazu schildert Karin Seethaler in Beispielen, wie die kontemplativen Haltungen im Alltag zum Tragen kommen, geht auf mögliche Missverständnisse ein und beschreibt, wie sich die therapeutische Kraft entfalten kann. Abschließend gibt sie Hinweise, die darin unterstützen, den meditativen Weg im Alltag zu verankern.
Karin Seethaler, Dipl.-Sozialpädagogin (FH), Caritastheologin (M. A.), sie hat fast fünf Jahre bei Franz Jalics SJ im Exerzitienhaus Gries mitgelebt und mitgearbeitet, seit 1993 Kursleiterin für kontemplative Exerzitien im In- und Ausland; zur Zeit arbeitet sie als Coach für weibliche Führungskräfte.
Autorentext
Karin Seethaler, Dipl.-Sozialpädagogin (FH), Caritastheologin (M. A.), sie hat fast fünf Jahre bei Franz Jalics SJ im Exerzitienhaus Gries mitgelebt und mitgearbeitet, seit 1993 Kursleiterin für kontemplative Exerzitien im In- und Ausland; zur Zeit arbeitet sie als Coach für weibliche Führungskräfte.
Leseprobe
1.Begrifflichkeiten
1.1Kontemplation
Kontemplation ist ja nichts anderes als ein geheimes, friedliches und liebendes Einströmen Gottes .
(Johannes vom Kreuz)
Kontemplation ist die Bezeichnung für den christlichmystischen Weg. Unter Mystik ist die angestrebte Vereinigung mit dem göttlichen Sein ("unio mystica") gemeint, die sich auf diesem Weg nicht über verstandesmäßige Erkenntnisse, sondern über innere Erfahrungen und das unmittelbare Erleben erschließt. Kontemplation wird als ein Geschenk Gottes betrachtet, über das der Mensch weder bestimmen noch verfügen kann. In einer Haltung des Geschehen-Lassens und des Auf-sich-wirken-Lassens nimmt er auf, was ist, und lässt dabei Wille, Verstand und Gefühl zur Ruhe kommen. Viele schließen daraus, dass die Kontemplation etwas Passives sei. Tatsächlich nimmt man aber keine passive, sondern eine aufnahmebereite Haltung ein, bei der man hellwach, mit lebendigem Interesse und ununterbrochen dabeibleibt und aufnimmt, was im Hier und Jetzt geschieht. 1 Die achtsame, Gott zugewandte, versöhnungs- und leidensbereite Haltung ebnet den Weg der Kontemplation.
Das aus dem Lateinischen stammende Wort "Kontemplation" setzt sich aus den Silben "con" (mit, zusammen) und "templum" (ein umgrenzter heiliger Bezirk) zusammen. In der Kontemplation geht es darum, selbst zu diesem heiligen Bezirk, zur Wohnung Gottes, zu werden. Die Existenz dieses heiligen Bezirks wird von vielen Heiligen bezeugt und mit unterschiedlichen Begriffen benannt. So spricht Paulus vom "Geist Gottes, der in uns wohnt" (1 Kor 3,16), Teresa von Avila von der "Seelenburg", Meister Eckhart vom "Seelenfunken". Auf diesen Seelenfunken, auf den Geist Gottes, der im Menschen wohnt, richtet sich der Meditierende aus.
Die Bezeichnungen für die kontemplative Gebetsweise sind unterschiedlich: das kontemplative Gebet, das Jesusgebet, das Herzensgebet, das immerwährende Gebet, das Gebet der Sammlung, das Gebet der Ruhe oder auch das sogenannte einfache Gebet. Jede Bezeichnung hebt einen ganz bestimmten Aspekt in den Vordergrund. Das "Jesusgebet" stellt den Namen Jesus Christus ins Zentrum. Der Betende versucht seine Aufmerksamkeit in Verbindung mit dem Atem auf den Namen Jesus Christus zu richten. Das "Herzensgebet" der Ostkirche leitet sich von einer weitergehenden Anweisung einiger Mönchsväter ab, die empfohlen haben, während des Jesusgebetes die Aufmerksamkeit zusammen mit dem Atem zum Herzen zu lenken bzw. den Namen beständig in seinem Herzen zu bewegen. Teresa von Avila fasste einen Teil ihrer Gebetsanweisungen unter der Bezeichnung "innerliches Gebet" oder auch "Gebet der Sammlung" zusammen. Durch die Bezeichnung "immerwährendes Gebet" (abgeleitet von 1 Thess 5,17: "Betet ohne Unterlass") soll zum Ausdruck gebracht werden, dass sich diese Gebetsweise nicht auf einzelne Gebetszeiten beschränkt, sondern dass der Mensch mit seiner inneren Aufmerksamkeit stets mit Jesus Christus verbunden ist.
Allen Begriffen gemeinsam ist, dass der Betende hier seine Aufmerksamkeit nicht auf seine Gedanken, auf Texte oder Bilder richtet, sondern sich in Verbindung mit einem Wort der Gegenwart zuwendet, in der Gott erfahrbar ist. Visionen und Ähnliches sind dabei unwesentlich.
1.2Christliche Meditation
Heute ist es üblich, von Meditation zu sprechen. So benütze auch ich ganz selbstverständlich diesen Begriff und meine damit das kontemplative Gebet. Ich bitte um Verständnis, wenn ich die pr&aum