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Futuristische Architektur hier und alter Kaiserpalast da, die Verlockungen des Kapitalismus und eine junge Kulturszene: Adrian Geiges, lange in Shanghai und zuletzt fünf Jahre in Peking sesshaft, erzählt von zwei faszinierenden Gesichtern eines Weltreichs. Von Shanghai als legendäre Vergnügungsmeile der 30er-Jahre und Schauplatz moderner Großveranstaltungen wie der Expo. Von Peking, Spielstätte minutiös geplanter Olympia-Inszenierungen und Anziehungspunkt frecher Designer. Vom Straßenverkehr in den Metropolen, der jeden Westler in den Irrsinn treibt. Von Nachbarn, die am helllichten Tag im Schlafanzug spazieren gehen. Vom Verhältnis der Chinesen zu uns Langnasen. Von betrunkenem Huhn und haarigen Krabben. Und von einer Sprache, in der 'Papa' so klingt wie 'Staudamm' und 'Mama' fast so wie 'fluchen'.
1960 in Basel geboren, berichtete als Fernsehkorrespondent aus Moskau, Hongkong und New York und leitete in Shanghai die Tochterfirma eines großen deutschen Unternehmens. Er hat Chinesisch studiert, ist mit einer Chinesin verheiratet, sie haben zwei Töchter und leben heute in Hamburg. 2004 bis Ende 2008 war er Peking-Korrespondent des 'Stern'. Zuletzt erschien 'Wie die Weltrevolution einmal aus Versehen im Schwarzwald begann'.
Vorwort
China zwischen Vogelnest und Peking-Ente.
Autorentext
1960 in Basel geboren, berichtete als Fernsehkorrespondent aus Moskau, Hongkong und New York und leitete in Shanghai die Tochterfirma eines großen deutschen Unternehmens. Er hat Chinesisch studiert, ist mit einer Chinesin verheiratet, sie haben zwei Töchter und leben heute in Hamburg. 2004 bis Ende 2008 war er Peking-Korrespondent des "Stern". Zuletzt erschien "Wie die Weltrevolution einmal aus Versehen im Schwarzwald begann".
Leseprobe
Nicht wiederzuerkennen: Der rasante Wandel einer Stadt
Das waren noch Zeiten. Nachdem ich China 1986 zum ersten Mal besucht hatte, notierte ich staunend: »1949 lebten 1,6 Millionen Menschen in Peking, derzeit sind es 9,5 Millionen.« Während ich dieses Buch schreibe, hat Peking bereits 17,4 Millionen Einwohner, mehr als doppelt so viele wie New York. Und wahrscheinlich kann kein deutscher Verlag so schnell Bücher produzieren, als dass die Zahl nicht bis zum Druck überholt wäre.
Einmal fragte ich eine Pekinger Freundin, die Paris, London und Berlin besucht hat, wo es ihr am besten gefalle? Sie sagte, wenn es ums Wohnen ginge, würde sie am liebsten nach Berlin ziehen. Warum das? »Ich habe mein ganzes Leben in der Großstadt verbracht. Da würde ich gern zur Abwechslung einen kleineren Ort kennenlernen.«
Trotz der Ein-Kind-Politik wächst Chinas Bevölkerungszahl weiter. Viele der jetzigen Eltern wurden noch in Zeiten geboren, als Mao glaubte: Je mehr Untertanen er beherrscht, desto mehr Macht erlangt er. Er selbst formulierte dies allerdings zynischer, so etwa bei einem Besuch in Moskau 1957: »Wir sind bereit, 300 Millionen Chinesen für den Sieg der Weltrevolution zu opfern.« Das war damals etwa die Hälfte der chinesischen Bevölkerung. Pekings Einwohnerzahl explodiert auch deshalb, weil Chinesen aus allen Provinzen gern in die Hauptstadt übersiedeln obwohl sie dafür mehr Hürden überspringen müssen als bei einem olympischen Hindernislauf, wie ich noch erzählen werde.
Ich habe immer wieder in Peking gewohnt, habe es verlassen und bin wieder zurückgekehrt. Auf den ersten Blick fällt es natürlich nicht auf, dass wieder so viele Bürger hinzugekommen sind wie in Hamburg oder München dauernd leben. Was jedoch ins Auge sticht: Die Metropole wird jedes Mal eine andere.
Über meinen ersten Landeanflug vor gerade einmal 23 Jahren schrieb ich: »Unter uns mischt sich das Feuerrot der Palastdächer mit dem Grau von Betonhochhäusern. Das Alte und das Neue sind willkürlich ineinandergeschachtelt, die prunkvollen Stätten der Privilegierten von einst und die zweckmäßigen, aber nicht gerade schönen Bauten für die arbeitenden Menschen heute.« Mittlerweile experimentieren Architekten aus aller Welt in Peking mit eleganten und futuristischen Bauten, die wie Ufos, Wasserwürfel oder Eier aussehen. Der Flughafen selbst ist inzwischen von Villenvierteln umgeben.
Wie ein Bericht von einem anderen Planeten erscheint im Vergleich zu heute auch, was mir damals bei der Fahrt vom Flughafen ins Zentrum auffiel: »Auf der Straße vom Flughafen in die Stadt begegnen wir vor allem Lastwagen und Personenwagen japanischer Herkunft: Alles Dienstwagen , erklärt man mir. Privatautos sind in China zwar nicht mehr verboten, aber praktisch unbezahlbar es gibt einige wenige Ausnahmefälle neureicher Bauern und Privathändler, die jeweils so sensationell erschienen, dass die chinesische Presse darüber berichtete.« Wäre das heute noch so, hätten die Reporter viel zu tun pro Tag werden in Peking 1000 neue Autos zugelassen, natürlich fast alles Privatwagen. Auf sechsspurigen Straßen stauen sie sich manchmal noch um Mitternacht. Bei meinem ersten Besuch sah das noch deutlich anders aus. Selbst auf den großen Prachtstraßen im Zentrum drängten sich die Verkehrsmittel, die man in China erwartete: Fahrräder, Fahrräder und noch mehr Fahrräder. Soweit es spezielle Spuren nur für Autos gab, waren sie schmaler als die parallel verlaufenden Radwege. Wer hingegen heute nach vollen Radwegen sucht, dem empfehle ich eine Reise nach Münster in Westfalen.
1986 aß ich im Restaurant