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Bundesverwaltungen gelten als schwer zugängliche und daher exklusive Forschungsfelder für Sozialwissenschaftler. Am Beispiel des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales analysiert Judith Krohn, wie sich aktuelle Umbrüche in der Arbeitskultur im Verwaltungsapparat niederschlagen. Welche Auswirkungen haben die Beschleunigung von Arbeitsprozessen, Informatisierung, zunehmendes Outsourcing und der Abbau von einfachen und mittleren Beamtenpositionen für den Einzelnen und für das "System" Verwaltung? Wie sollte die moderne Verwaltungsbehörde aussehen?
Autorentext
Judith Krohn, Dr. phil., studierte Europäische Ethnologie und Gender Studies. Sie ist derzeit in der Personalentwicklung tätig.
Klappentext
Bundesverwaltungen gelten als schwer zugängliche und daher exklusive Forschungsfelder für Sozialwissenschaftler. Am Beispiel des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales analysiert Judith Krohn, wie sich aktuelle Umbrüche in der Arbeitskultur im Verwaltungsapparat niederschlagen. Welche Auswirkungen haben die Beschleunigung von Arbeitsprozessen, Informatisierung, zunehmendes Outsourcing und der Abbau von einfachen und mittleren Beamtenpositionen für den Einzelnen und für das "System" Verwaltung? Wie sollte die moderne Verwaltungsbehörde aussehen?
Leseprobe
1 Einleitung Materialreich beschreibt die vorgelegte Arbeit theoretische und praktische Fragen des Umgangs öffentlicher Verwaltungen mit den Herausforderungen einer modernen Wissens- und Arbeitsgesellschaft. Dabei spielt die Dimension der "Subjektivierung von Arbeit" eine erhebliche Rolle. Subjektivierungsprozesse, verstanden als Bedeutungsgewinn von subjektiven Anteilen im Arbeitshandeln, sind in der Soziologie und Arbeitsethnografie mit grundlegenden Arbeiten von Günter G. Voß/Manfred Moldaschl (2002), Hildegard-Maria Nickel/Karin Lohr (2005), Schönberger/Springer (2003) und Martin Baethge (1999) thematisiert worden. Subjektivierung vollzieht sich ambivalent und ist immer auch als ein Prozess zwischen Autonomie und Heteronomie sowie zwischen Gestaltungsspielräumen und Rationalisierung zu begreifen, der in der Literatur durch Schlagwörter wie Fremd- und Selbstökonomisierung, Selbstkontrolle, Selbstrationalisierung, Selbstverwirklichung, Eigenverantwortung sowie Entberuflichung beschrieben wird (vgl. Moldaschl/Voss 2002; Nickel/Frey/Hüning 2004; Nickel/Lohr 2005). Die Erkenntnisse zur Subjektivierung von Arbeit haben sich in den sozialwissenschaftlichen Disziplinen weiter ausdifferenziert. Im Subjektivierungsdiskurs bislang jedoch unbeantwortet geblieben ist die Frage, inwieweit Subjektivierungsprozesse auch in öffentlichen Verwaltungen beobachtbar sind. Die vorliegende Arbeit versucht diese Forschungsleerstelle ein Stück weit zu schließen und widmet sich konkret den Fragen, in welcher Ausprägung und Qualität Subjektivierungsprozesse von Arbeit in Verwaltungen vorzufinden sind, durch welche Faktoren die Prozesse indiziert wurden und wie sich diese auf die System-Akteure (Verwaltung, Entscheider, Mitglieder) auswirkten. Das methodische Vorgehen und die theoretischen Annahmen wurden induktiv aus der empirischen Beobachtung abgeleitet. Grundlage für deren Beobachtung und Beantwortung ist eine zwischen April und Oktober 2008 durchgeführte mehrmonatige empirische Erhebung im Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Die vorliegende Studie steht in einem dreifachen Kontext: Aus theoretischer Perspektive erweitert die Arbeit das Forschungsfeld der Arbeits- und Organisationsforschung in der Europäischen Ethnologie und der sozialwissenschaftlichen Subjektivierungsforschung um den Bereich der öffentlichen Verwaltung. Zudem versucht sie das Erkenntnispotenzial von Subjektivierungstheorien durch systemtheoretische Sichtweisen zu ergänzen, zu problematisieren und zu vertiefen. Aus methodischer Perspektive wird mit einer Kombination von ethnografischen, soziologischen, systemtheoretischen und werteorientierten Methoden gearbeitet, die für die Beantwortung komplexer Fragestellungen im Kontext der Subjektivierung von Arbeit einen in dieser Form weiterführenden Ansatz darstellt. Aus einer handlungsanleitenden Perspektive präsentiert die Studie wichtige Ergebnisse für die Weiterentwicklung der öffentlichen Verwaltung im Kontext neuer Herausforderungen, indem sie die Differenzen und Ambivalenzen des Subjektivierungsprozesses und deren Folgen für das System Verwaltung offenlegt. Die Ergebnisse liefern Hinweise für die strategische Ausrichtung einer nachhaltigen System- und Personalpolitik. Defizite der bisherigen Forschung zur Subjektivierung von Arbeit im öffentlichen Sektor Erstens bestehen Defizite in der bisherigen Forschung bezüglich des Gegenstandes: Im Fokus der vorliegenden bestehenden Studien standen bislang Subjektivierungsprozesse im System Wirtschaft. Das System öffentliche Verwaltung wurde diesbezüglich bisher keiner gründlichen empirischen Untersuchung unterzogen. Zwar gibt es zahlreiche Studien zur Verwaltungsmodernisierung, die Frage nach Subjektivierungseffekten wird hier jedoch nicht gezielt verfolgt. Ein möglicher Grund hierfür kann die Annahme sein, dass sich dieser Prozess organisationsübergreifend ähnlich gestaltet und durch den fehlenden systemtheoretischen Zugang in der Subjektivierungsforschung kaum problematisiert worden ist. Die Systemtheorie geht per se davon aus, dass Systeme unterschiedlichen Logiken unterliegen. Auf den Subjektivierungsprozess bezogen bedeutet dies, dass sich der Prozess möglicherweise aufgrund der differenten Logiken in Systemen anders gestaltet, was empirisch untersucht werden muss. Die einseitige Untersuchung des Subjektivierungsprozesses in Wirtschaftsunternehmen führt zudem bloß zu einer systemspezifischen Betrachtung des Zusammenhangs zwischen Rationalisierung und Subjektivierung. Durch die Analyse des Forschungsgegenstandes Verwaltung, die als gemeinwohlorientierte Organisation nur indirekt durch die Imperative des Marktes geprägt wird, besteht die Chance, Subjektivierungsprozesse nicht automatisch in Abhängigkeit zu diesen zu untersuchen, sondern den Fokus auf den Zusammenhang der Ausprägung dieser Prozesse in einer anderen Systemlogik zu legen. Der Rationalisierungsmodus der Moderne wird durch die Arbeit und den Forschungsansatz weiter gefasst. Der oben dargestellte Fall legt nahe, dass eine solche Untersuchung sowohl für die theoretische Entwicklung des Konzepts der Subjektivierung von Arbeit als auch für die Perspektive des Systems der öffentlichen Verwaltung wichtig ist. Zweitens bestehen auf theoretischer Ebene "Leerstellen". Von einer konsistenten "Subjektivierungstheorie" kann daher nicht gesprochen werden. Bisher vorliegende Studien speisten sich zunächst aus Theorietraditionen der Aufklärung mit ihren normierten Subjektivierungsanforderungen und ihren Subjektivierungserwartungen (Subjekt - Vernunft - Ratio). Derartige Annahmen und sich darauf stützende Implementationsversuche führten jedoch bloß zu irritierenden Ergebnissen und wurden empirisch eines besseren belehrt. Deshalb wurde dieser Ansatz später durch eine stärker reflektierende "aufgeklärte Aufklärung" erweitert, welche normierende, ambivalente Subjektivierungserwartungen und Resultate beobachtet hat (Moldaschl/Voß 2002: 53ff.). Demgegenüber ist für die Systemtheorie Subjektivierung nicht vorgestellter Zweck, sondern primär ein mögliches Mittel permanenter Systemstabilisierung (Mitglied - Kommunikation - Ratio). Gefragt wird durch die Subjektivierungsambivalenzen hindurch, wie jenes Maß an Ratio gefunden werden kann, das Systemstabilität reproduziert. Der Gradmesser hierfür ist die konkrete Kommunikation von Entscheider und Mitglied innerhalb eines Systems. In diesem Kontext erscheint es sinnvoll, die theoretische Perspektive auf die Subjektivierung von Arbeit durch eine systemtheoretische Perspektive auf die Rationalität von Systemen, also deren Logiken der Selbsterhaltung und …
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