Gottesdienste in freikirchlichen Kontexten beruhen nicht auf schriftlichen Gottesdienstbüchern oder Agenden. Dennoch ist ihre Gestaltung nicht willkürlich. Diese qualitativ empirische Studie untersucht anhand ausgewählter freikirchlicher Gottesdienste der deutschsprachigen Schweiz deren impliziten Logiken und leitenden theologischen Motive. Dabei zeigt sich ein aufschlussreiches Zusammenspiel von Glaubensüberzeugung, Alltagsbezug, Allgemeinem Priestertum und Mission. Diese und weitere theologische Akzente werden diskutiert und in den ökumenisch-liturgiewissenschaftlichen Diskurs eingezeichnet. Die Studie leistet damit einen Beitrag für das Verständnis freikirchlicher Gottesdienstkultur, eröffnet Perspektiven für wechselseitige Lernprozesse und bietet Anregungen zu einer theologisch reflektierten Gottesdienstgestaltung. [Free Church Worship Services: Empirical Analysis and Theological Reflections] Free Church worship services are not based on written service books. However, their design is not arbitrary. The qualitative research examines their implicit logics and leading theological motifs based on selected free church services in German-speaking Switzerland. This reveals an insightful interplay of belief, everyday life, priesthood of all believers and mission. These and other theological accents are discussed and drawn into the ecumenical-liturgical discourse. The study thus makes a contribution to the understanding of free church worship culture, opens up perspectives for mutual learning processes and offers suggestions for theologically reflected forms of worship. Stefan Schweyer, Dr. theol., studierte evangelische Theologie in Basel und Chicago und war von 1994 bis 2008 Pastor einer Freikirche. Er ist seit 2020 Professor für Praktische Theologie an der universitären theologischen Hochschule STH Basel. Stefan Schweyer, Prof. Dr. theol. habil., Jahrgang 1970, studierte evangelische Theologie in Basel und Chicago (USA). Von 1994 bis 2008 war er Pastor in einer Freikirche. 2006 erfolgte die Promotion in Praktischer Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Leuven (Belgien) mit einer Dissertation über »Kontextuelle Kirchentheorie«, 2019 die Habilitation in Liturgiewissenschaft an der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg (Schweiz). Seit 2020 ist er Ordentlicher Professor für Praktische Theologie an der universitären theologischen Hochschule STH Basel. Kontextuelle Kirchentheorie. Eine kritisch-konstruktive Auseinandersetzung mit dem Kirchenverständnis neuerer praktisch-theologischer Entwürfe, Zürich: TVZ, 2007 (Dissertation, ausgezeichnet mit dem Johann-Tobias-Beck-Preis 2008) mit Helge Stadelmann: Praktische Theologie. Ein Grundriss für Studium und Gemeinde, Gießen: Brunnen, 2017.
Inhalt
INHALT 1 Einfuhrung 15 2 Klarungen 21 2.1 Was sind »Freikirchen«? 21 2.1.1 Freikirchliches Selbstverstandnis 21 2.1.2 Zum Begriff »Freikirchen« 24 2.1.3 Freikirchen und die evangelikale Bewegung 28 2.1.4 Freikirchen und Okumene 34 2.1.5 Historische Streiflichter 40 2.1.6 Zusammenfassung 44 2.2 Was sind »Gottesdienste«? 45 2.2.1 Sprachgebrauch 45 2.2.2 Der Gottesdienst der versammelten Gemeinde als Mitte des gemeindlichen Lebens 50 2.2.3 Bestimmung des Forschungsgegenstandes 53 2.3 Freikirchliche Gottesdienste Forschungsstand 55 2.3.1 Freikirchliche Gottesdienste in religionssoziologischer Forschung 55 2.3.2 Freikirchliche Gottesdienste in liturgiewissenschaftlicher Außenperspektive 61 2.3.3 Freikirchliche Gottesdienste aus der Innenperspektive 70 3 Forschungsdesign 99 3.1 Prazisierung der Fragestellung 99 3.2 Quellenlage 101 3.3 Methodische Ansatze 103 3.4 ReflektierteSubjektivitat 110 3.5 Beschreibung des Forschungsprozesses 113 3.5.1 Arbeitshypothesen 113 3.5.2 Teilnehmende Beobachtung 114 3.5.3 Videoaufzeichnung 116 3.5.4 Gruppeninterview 120 3.5.5 Schriftliche Quellen 124 3.5.6 Fallauswahl 126 4 Gottesdienstportraits 131 4.1 Einzelfallbeschreibungen 131 4.2 Resumierende Beobachtungen 148 4.3 Reprasentativitat der Einzelfalle 150 5 Analysen zur Gottesdienstpraxis 155 5.1 Programmanalyse 155 5.1.1 Zeitpunktund-dauer 155 5.1.2 Abfolge 158 5.1.3 Liturgische Akteure 159 5.1.4 Zusammenfassung 161 5.2 Eroffnungssequenzen 162 5.2.1 Phanomenale Annaherung 162 5.2.2 Signale 163 5.2.3 Inhalte 172 5.2.4 Fazit aus den Analysen der Eroffnungssequenzen 180 5.3 Singen & Musik 182 5.3.1 Stellenwert des Singens 183 5.3.2 Funktion des Singens 188 5.3.3 Performanz des Singens 200 5.3.4 Liedgut 208 5.3.5 Fazit aus den Analysen von Singen und Musik 216 5.4 Gebete 217 5.4.1 Akteure, Dauer, Anzahl 217 5.4.2 Gebetsankundigungen 219 5.4.3 Gebetsinhalte 222 5.4.4 Gebetsformen 232 5.4.5 Fazit aus den Analysen der gesprochenen Gebete 251 5.5 Bibelgebrauch 253 5.5.1 Akteure 255 5.5.2 Liturgische Einbettung 255 5.5.3 Texte 260 5.5.4 Form 264 5.5.5 Fazit aus den Analysen zur Bibelverwendung 268 5.6 Predigt 269 5.6.1 Akteure, Dauer, Ort 270 5.6.2 Liturgische Einbettung der Predigt 272 5.6.3 Verwendung von Medien 292 5.6.4 Fazit aus den Analysen rund um die Predigt 293 5.7 Moderationselemente 294 5.7.1 Bezeichnung 294 5.7.2 Notwendigkeit von Moderation 307 5.7.3 Fazit aus den Analysen der Moderationselemente 309 5.8 Freie Beitrage 310 5.8.1 Art der Beitrage 313 5.8.2 Grad der Spontaneitat 321 5.8.3 Fazit aus den Analysen der freien Beitrage 323 5.9 Kollekte 325 5.9.1 Bezeichnung der Kollekte 325 5.9.2 Bestimmung der Kollekte 326 5.9.3 Motivierung zum Spenden 327 5.9.4 Liturgische Einbettung 328 5.9.5 Fazit aus den Analysen zur Kollekte 329 5.10 Abendmahl 331 5.10.1 Praxis der Abendmahlsfeier 331 5.10.2 Liturgische Einbettung 338 5.10.3 Aspekte freikirchlichen Abendmahlsverstandnisses 340 5.10.4 Fazit aus den Analysen zum Abendmahl 343 5.11 Schlusssequenzen 344 5.11.1 Struktur der Schlusssequenzen 344 5.11.2 Segen 346 5.11.3 Informelle Abschiedsgruße 349 5.11.4 Detailanalysen 350 5.11.5 Fazit aus den Analysen der Schlusssequenzen 353 6 Analysen zur Gottesdiensttheologie 355 6.1 Merkmale eines »guten« Gottesdienstes 356 6.1.1 Personengruppen 356 6.1.2 Antwortperspektiven 357 6.1.3 Etwaserleben 359 6.1.4 Etwas mitnehmen 366 6.1.5 Stimmig angenehm gottzentriert 369 6.1.6 Fazit 371 6.2 Die Bedeutung der Bibel fur die Gestaltung der Gottesdienste 372 6.2.1 Die Bibel als inhaltliche Grundlage des Gottesdienstes 373 6.2.2 Die Bibel als Grundlage fur die Gestaltung des Gottesdienstes 373 6.2.3 Auspragung der Bibelorientierung nach Submilieu 377 6.2.4 Zusammenhang zwischen Bibelverstandnis und Bibelgebrauch 378 6.2.5 Fazit 380 6.3 Der Alltagsbezug des Gottesdienstes 381 6.3.1 Generelles Verhaltnis Gottesdienst Alltag 382 6.3.2 Alltagsahnliches und - differentes Gottesdienstverhalten 385 6.3.3 Fazit 390 6.4 Missionarische Ausrichtung des Gottesdienstes 391 6.4.1 Mission als Motiv der Gottesdienstgestaltung 392 6.4.2 Typologie missionarischer Gottesdienste 401 6.4.3 Fazit 407 6.5 Spontaneitat und Planung 408 6.5.1 Selbstbeschreibung 408 6.5.2 Begrundung 414 6.5.3 Spontaneitat als Wunschvorstellung 418 6.5.4 Fazit 419 6.6 Selbstverortung in der Gottesdienstlandschaft 420 6.6.1 Gemeinsamkeiten 420 6.6.2 Spezifika 421 6.6.3 Differenzen 422 6.6.4 Fazit 427 7 Theologische Reflexionen 429 7.1 Alltag & Gottesdienst 429 7.1.1 Welcher Alltag? 430 7.1.2 Den Alltag thematisieren 434 7.1.3 Den Alltag formen 437 7.1.4 Verbindungslinien zwischen Gottesdienst und Alltag 441 7.2 Allgemeines Priestertum & Gottesdienst 445 7.2.1 Begriff und Sache des allgemeinen Priestertums 446 7.2.2 Dimensionen des allgemeinen Priestertums 451 7.2.3 Allgemeines Priestertum im Gottesdienst Fazit 471 7.3 Mission & Gottesdienst 472 7.3.1 Differenzierungen zum Missionsbegriff 473 7.3.2 Beispiele missionarischer Gottesdienste in Geschichte und Gegenwart 476 7.3.3 Kritische Beurteilung und Wurdigung missionarischer Gottesdienste 482 7.3.4 Anregungen fur missionarische Gottesdienste 488 7.4 Gottesdienst zwischen Form und Freiheit 492 7.4.1 Improvisation als freies Sprachspiel 493 7.4.2 Der Reiz l…