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Der Tatort war grossräumig mit einem rot-weissen Band abgesperrt. Die für den Durchgangsverkehr nicht befahrbare schmale Strasse nach Neerach war durch einige Streifenwagen, mehrere dunkle Limousinen, ein Ambulanzfahrzeug und den grossen Einsatzbus der Kriminalpolizei blockiert. Auf dem Parkplatz beim Birdlife-Naturzentrum Neeracherried war ein roter Volvo Kombi Jahrgang 1997 parkiert. Es wimmelte von Menschen. Die Spurensicherung, Sanitäter, ein Arzt und eine Menge uniformierter und nicht uniformierter Polizisten waren vor Ort. «Es hat praktisch die ganze Nacht geregnet», sagte der Staatsanwalt zum Einsatzleiter der Kripo. «Schlecht für die Sicherung eventueller Spuren.» Der Staatsanwalt fuhr sich mit der rechten Hand über die grau melierten Haare. «Vielleicht haben wir Glück und der Mord wurde erst im Morgengrauen begangen. Nachdem der Regen aufgehört hat.» «Der aufgebotene Arzt wird uns den ungefähren Todeszeitpunkt bestimmt gleich sagen können.» Die beiden gingen etwas abseits. Staatsanwalt Andreas Zobrist nahm ein Päckchen Marlboro Rot aus der Jackentasche und bot dem Einsatzleiter Pius Koller eine Zigarette an. «Nein danke. Ich habe vor drei Jahren damit aufgehört.» «Gratuliere. Das nehme ich mir seit Jahren vor.» Zobrist steckte sich eine Marlboro in den Mund und zündete sie an. Er nahm den ersten Zug und blies den Rauch aus. Nach vier Zügen schmiss er die Zigarette zu Boden und drückte sie mit dem Schuh aus. In Begleitung von Koller ging er zum roten Volvo. Der Arzt war noch mit dem im Fahrzeug angegurteten Leichnam beschäftigt. «Und?», fragte Zobrist, «wie lange ist er schon tot?» Der Arzt drehte sich zu ihm um. «So um die acht Stunden. Ich kann Ihnen bald mehr sagen.» «Und die Todesursache?» «Ich habe vier Einschusslöcher in seinem Kopf gefunden. Wer weiss, vielleicht war die erste Kugel schon tödlich.» «Vier Schüsse in den Kopf? Das zeugt von einer grossen Wut und von Entschlossenheit.» Der Arzt nickte. «Eine regelrechte Hinrichtung. Ich denke, da war blanker Hass im Spiel.» «Der Mörder oder die Mörderin wollten sicher sein, dass der Mann nicht überlebt. Wobei ich erfahrungsgemäss eher von einem Mörder ausgehe», sagte Zobrist. Koller machte einige Notizen. Ein Polizist drückte Zobrist ein Papier in die Hand. Er schaute kurz darauf und sagte: «Der Volvo ist auf einen gewissen Beat Haberthür zugelassen. In der Jacke des Toten steckte im Portemonnaie eine Identitätskarte mit demselben Namen. Ob der Tote auch Haberthür ist, wird sich erweisen.» Der Polizist reichte ihm die in einem Plastiksäckchen eingepackte Identitätskarte. Zobrist schaute sie genauer an. «Haberthür trägt auf dem Ausweis einen weissen Bart. Es deutet darauf hin, dass er der Tote ist.» «Die Gerichtsmedizin wird das herausfinden. Das Gesicht des Toten ist durch die Einschüsse ziemlich entstellt.» «Der Tatort könnte in weiser Absicht ausgewählt worden sein. Das Moorgebiet eignet sich bestens dazu, eine Leiche bis in alle Ewigkeit verschwinden zu lassen. Vielleicht wurde die Täterschaft bei der Entsorgung der Leiche gestört.»
Für alle Regiokrimiliebhaber. Für alle, die gerne Krimis lesen, aber auch Emotionen nicht zu kurz kommen dürfen. Der Autor arbeitet seit vielen Jahren im Justizvollzug und kennt sich gut im "Verbrecheralltag" aus. Geschickt und feinfühlig setzt er diese Erfahrung im Schreiben seiner Krimis um.