Ein Teil einer künstlichen Hüfte, das zwei Touristen aus einem Güllefass wie ein Katapult um die Ohren fliegt, ist der Auslöser für die Suche nach einem lange verschwundenen Mann. Irmi Mangold und Kathi Reindl finden heraus, zu wem die Hüfte gehörte. Die Geschichte des Bauern ist ein Albtraum. Erst kommt sein behinderter Sohn ums Leben, dann verenden all seine Kühe an einer rätselhaften, schleichenden Krankheit, und schließlich gibt es kein Lebenszeichen mehr von ihm selbst. Alles deutet auf einen Giftskandal hin, der mehr Lügen und Verdächtige hervorbringt als das Garmischer Land Kuhfladen.
Nicola Förg, gebürtige Oberallgäuerin, hat in München Germanistik und Geographie studiert und lebt heute mit ihrer Familie sowie mehreren Ponys, Kaninchen und Katzen auf einem Hof in Prem am Lech. In ihrer Krimiserie schickt die Bestsellerautorin das Kommissarinnenduo Irmi Mangold und Kathi Reindl an Tatorte im Voralpenland und in den Bergen, die ihr auch als Journalistin wohl bekannt sind.
Vorwort
Auch Landluft kann tödlich sein.
Autorentext
Nicola Förg, gebürtige Oberallgäuerin, hat in München Germanistik und Geographie studiert und lebt heute mit ihrer Familie sowie mehreren Ponys, Kaninchen und Katzen auf einem Hof in Prem am Lech. In ihrer Krimiserie schickt die Bestsellerautorin das Kommissarinnenduo Irmi Mangold und Kathi Reindl an Tatorte im Voralpenland und in den Bergen, die ihr auch als Journalistin wohl bekannt sind.
Leseprobe
1
Seit sechsundzwanzig Jahren kamen die Millers aus Ratingen nach Garmisch-Partenkirchen. Zum fünfjährigen Jubiläum hatten sie vom Tourismusverband ein Piccolöchen bekommen, zum Zehnjährigen einen Blumenstrauß. Zum Fünfzehnjährigen gab es ein Käsebrettchen mit Messer, dessen Griff ein geschnitzter Gamskopf zierte. Oder ein Steinbock. Oder ein Hirsch. Das war nicht so klar ersichtlich - »schnitzkünstlerische Freiheit«, wie Heinrich zu sagen pflegte. Wobei Annemone sicher war, dass es sich um eine Gams handelte.
Zum Zwanzigjährigen hatten sie noch ein Brettchen bekommen, allerdings üppig belegt mit Käse und Kaminwurzen und schön in Zellophan eingeschlagen. Zum Fünfundzwanzigjährigen hatte es einen Essensgutschein gegeben, den sie im Gasthaus Mohren eingelöst hatten, nur die Getränke hatten sie selber zahlen müssen.
Den Dreißigsten wollten sie auf jeden Fall noch voll machen. Sie hatten nach sechzehn Jahren das Quartier wechseln müssen, weil die alte Zilli mit der Vermietung aufgehört hatte. Das Bad am Gang und die Toilette eine Etage tiefer waren auch nicht ganz auf dem Stand der Zeit gewesen. Außerdem hatte die alte Zilli nicht mehr so gut gesehen, was etwas zulasten der Reinlichkeit gegangen war.
Nun wohnten die Millers seit zehn Jahren bei der Franziska und dem Franzl, die ihre Landwirtschaft aufgegeben, die Tenne an einen Autobastler vermietet und im Haus Ferienwohnungen eingerichtet hatten. Zu diesem rein persönlichen Zehnjährigen hatte es einen Obstkorb und Wein gegeben und ein Glas Honig vom Franzl. Die Bienenstöcke waren sein Heiligtum. Wenn sie abreisten, kaufte Annemone auch immer ein Glas Honig, denn sie zahlte dann nur drei Euro statt der üblichen sechs.
Doch - man konnte sagen, sie waren angekommen im Werdenfels. Sie hatten sich hochgearbeitet zu Stammgästen und konnten mit Fug und Recht behaupten, diese Region zu kennen. Annemone war zwar nicht mehr so gut zu Fuß, Senkbreitplattspreizfüße, der Hallux und circa zwanzig Kilo Übergewicht standen ihr einfach im Weg. Daher wanderten sie seit einigen Jahren eher im Flachen dahin. Besonders liebten sie die Loisachauen.
Auch heute, an einem leicht bewölkten Herbsttag, hatten sie sich zum Spaziergang aufgemacht. »Es riecht nach Regen«, hatte der Franzl gesagt. Das Ehepaar aus Ratingen hatte einige Jahre gebraucht, um den tiefgründigen Witz zu verstehen. Die Bauern odelten immer dann, wenn sie vermuteten, dass es am Abend oder am nächsten Tag regnen und die Gülle so richtig ins Erdreich gespült würde.
»Es riecht heute aber ganz schön nach Regen«, kicherte Annemone, die unpassend zur Körperfülle ein Mickymausstimmchen hatte.
»Saubären«, maulte Heinrich und zupfte an seinem Janker, den er letztes Jahr teuer beim Grasegger in Garmisch-Partenkirchen erstanden hatte.
»Den hängen wir dann zum Lüften auf den Balkon«, beruhigte ihn die Ehegattin.
Sie gingen am Feldrain entlang. Draußen auf dem Feld dröhnte ein gewaltiger Bulldog, der ein noch gewaltigeres Fass schleppte, aus dem es stinkend hinauskotzte.
»Was die für Maschinen haben! Früher gab's das nicht«, maulte Heinrich weiter. »Die Viecher sind nur noch im Stall. Laufställe für Millionen bauen sie, und wir Feriengäste kriegen keine Kühe mehr auf der Wiese zu sehen. Ich fahr doch nicht fast siebenhundert Kilometer, damit es hier genauso aussieht wie bei mir zu Hause.«
Dabei tat es das wirklich nicht, denn weit hinten war die Seilbahn zur Zugspitze zu sehen, die das Licht reflektierte. Die Berge warfen lange Schatten - wie in Ratingen sah es hier definitiv nicht aus.
»Ja, ja, früher war alles besser. Da haben wir auch bei Zilli auf dem eiskalten Klo geschissen«, konterte Annemone, die sich den Tag nicht verderben lassen wollte. »Und die Landwirtschaft ändert sich nun mal.«
»Ach komm, Mönchen, das kannst du nicht vergleichen. Wozu braucht ein Bauer hier solche Geräte? Die haben doch gar nicht die Flä