Eigentlich als Sprachreise nach Argentinien und Chile geplant, trampen Morten und Rochssare von den Gletschern Patagoniens bis an die karibischen Traumstrände Kolumbiens und Venezuelas. Sie treiben einen Monat mit Marktbooten den Amazonas hinunter, klettern hinab in die Silberminen Boliviens und besuchen die Mennoniten in Paraguay. Sie couchsurfen durch Studenten-WGs, teilen das Landleben der einfachen Bevölkerung und den Luxus in bewachten Wohnvierteln der Metropolen. Sie schließen Freundschaften mit LKW-Fahrern und tauchen mit Seelöwen vor Galapagos. Erst nach zwei Jahren und 246 Mitfahrgelegenheiten können sie sich von diesem fernen Kontinent lösen.
Nach dem Master in Journalismus zog es Morten Hübbe (1985 auf Rügen geboren) und Rochssare Neromand-Soma (1987 in Hamburg geboren) 2011 für zwei Jahre auf den südamerikanischen Kontinent. Seitdem haben sich die beiden Reiseenthusiasten und -blogger ganz dem Unterwegssein verschrieben. Derzeit erkunden sie, wieder per Anhalter, Asien, wo Schotterpisten und endlose Straßen ihr Zuhause sind und das Zelt ihnen die eigenen vier Wände ersetzt. nuestra-america.de
Autorentext
Nach dem Master in Journalismus zog es Morten Hübbe (1985 auf Rügen geboren) und Rochssare Neromand-Soma (1987 in Hamburg geboren) 2011 für zwei Jahre auf den südamerikanischen Kontinent. Seitdem haben sich die beiden Reiseenthusiasten und -blogger ganz dem Unterwegssein verschrieben. Derzeit erkunden sie, wieder per Anhalter, Asien, wo Schotterpisten und endlose Straßen ihr Zuhause sind und das Zelt ihnen die eigenen vier Wände ersetzt. nuestra-america.de
Leseprobe
ARGENTINIEN
Buenos Aires - La Boca und die Begeisterung
Und da kommen sie: Die Mannschaften betreten den Rasen. War die Stimmung auf den Rängen bisher lediglich eindrucksvoll, so steigert sie sich nun in pure Ekstase. Die rhythmischen Fangesänge, die aus dem wogenden blau-gelben Fahnenmeer zu hören sind, wandeln sich in Sekundenbruchteilen in eine gefährlich brodelnde Brandung, die alles zu verschlingen droht.
Heute ist ein besonderes Spiel, spätestens jetzt ist es allen klar. Ein neuer Spieler steht im Aufgebot: ein talentierter Junge von gerade einmal 20 Jahren und dennoch schon ein hochdekorierter Sportler. Im letzten Jahr gewann er mit der U20 Argentiniens die Juniorenweltmeisterschaft, wurde zum besten Spieler des Turniers gewählt und trägt nebenbei auch noch die Auszeichnung als bester Fußballer seines Landes und Südamerikas. Doch all das scheint ihn nicht weiter zu interessieren. Völlig ungehemmt spielt er in seinem ersten Spiel für die Boca Juniors in der »Bombonera« auf, erzielt zwei Tore und wird Jahre später als »die Hand Gottes« Weltruhm erreichen. Sein Name: Diego Armando Maradona. Für viele Argentinier der einzig wahre Fußballer auf dem Planeten.
Auch heute, mehr als 30 Jahre nach diesem denkwürdigen ersten Auftritt im Boca-Trikot, ist die Begeisterung für den Fußballer des 20. Jahrhunderts ungebrochen. Das Bild Maradonas prangt beinahe an jeder Häuserwand im Hafenviertel La Boca, der Heimstätte des Vereins. Hier im sozial schwachen Stadtteil steht nämlich die »Bombonera«, das Stadion der Boca Juniors. Gegründet als Arbeiterverein, symbolisiert der erfolgreichste argentinische Fußballklub heute das Ideal eines gelungenen Aufstiegs innerhalb der Gesellschaft, weshalb viele seiner Anhänger vor allem in der armen Bevölkerungsschicht zu finden sind. Weder der Prunk des schicken Palermos im Norden Buenos Aires' noch der Charme des benachbarten San Telmos sind hier zu spüren. Selbst Argentinier raten davon ab, La Boca zu betreten: Überfälle seien an der Tagesordnung.
Die einzige Ausnahme bildet der »Caminito«. Im »Sträßchen«, der touristischen Hauptattraktion La Bocas, reihen sich bunte Wellblechhäuser wie die Perlen einer Halskette aneinander und vermitteln das Bild eines fröhlichen und farbenfrohen Viertels, das es so wahrscheinlich nie gegeben hat. Ängstliche Touristen werden in Reisebussen direkt hierhergefahren und trauen sich kaum einen Schritt aus der Gasse heraus. Hier grüßt Diego Maradona gleich mehrfach als Figur aus Pappmaschee von den Balkonen. Vom ersten Stock winkt er mit den anderen Nationalhelden Argentiniens: Che Guevara, Evita Duarte de Perón und Carlos Gardel. Unten verkaufen fahrende Händler Kunsthandwerk, und Europäer, die ihren Rucksack fest umklammert auf dem Bauch tragen, lassen sich in verführerischer Tangopose fotografieren.
Alles wirkt hier unauthentisch: die Kellner, die vor den unzähligen Restaurants in dieser kurzen Gasse um zahlende Kunden werben, die Tangotänzer auf den Terrassen der Gaststätten, die ihre Leidenschaft für diesen stolzen Tanz schon vor langer Zeit verloren haben und nur noch gelangweilt in die Weite starren, der Maradona-Doppelgänger, der lediglich dann freundlich lacht, wenn eine Kamera auf ihn gerichtet ist. Sie alle verdienen ihr Geld an den Touristen, die in Scharen hierhergekarrt werden, um drei Fotos zu machen und zusammen mit 500 anderen hungrigen Mäulern mittagzuessen. Dann geht es zurück in den Bus, und was bleibt, sind Lügen der Erinnerung. Weder das gestellte Tangofoto noch die Umarmung mit Maradona waren echt.
Doch La Boca ist weit mehr als eine kleine betrügerische Straße. La Boca ist Begeisterung, ist Leidenschaft, ist Identifikation - zumindest wenn es um Fußball geht. Das blau-gelbe Trikot der Boca Juniors ist die Arbeitsuniform, der Paradeanzug und wahrscheinlich auch das Nachthemd jedes einzelnen Bewohners dieses Viertels. Es macht den Ansc
Inhalt
Prolog ARGENTINIEN URUGUAY PARAGUAY BOLIVIEN PERU BRASILIEN PATAGONIEN CHILE ECUADOR KOLUMBIEN VENEZUELA TRINIDAD und TOBAGO Die GUYANAS Epilog