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Abrupter und schmerzhafter kann das Schicksal kaum zuschlagen: Als Eva nur wenige Monate nach der Hochzeit ihren Mann durch einen Unfall auf See verliert, erstarrt sie vor Schmerz und Entsetzen. Ihr gerade erst begonnenes Leben als glückliche Ehefrau soll schon zu Ende sein? Eva fühlt sich völlig allein in ihrer Trauer und reist kurzerhand nach Tasmanien, um Trost bei Jacksons Angehörigen zu finden. Doch so bezaubernd die australische Insel ist, so abweisend verhält sich Jacksons Familie. Warum nur wollen sein Vater und sein Bruder partout nicht über ihn sprechen? Auf Eva warten schockierende Wahrheiten, die sie zu einem schicksalhaften Sommer in der Vergangenheit führen - dem Sommer, in dem es zu schneien begann.
Lucy Clarke studierte englische Literatur an der Universität von Cardiff, bevor sie sich ganz ihrer Karriere als Schriftstellerin widmete. Bereits ihr erster Roman 'Die Landkarte der Liebe' wurde in zehn Ländern veröffentlicht. Lucy ist mit einem professionellen Windsurfer verheiratet, mit dem sie ihre Liebe zum Meer und zum Reisen teilt. Den Sommer verbringt sie an der Südküste Englands, den Winter in fernen exotischen Ländern.
Autorentext
Lucy Clarke studierte englische Literatur an der Universität von Cardiff, bevor sie sich ganz ihrer Karriere als Schriftstellerin widmete. Bereits ihr erster Roman "Die Landkarte der Liebe" wurde in zehn Ländern veröffentlicht. Lucy ist mit einem professionellen Windsurfer verheiratet, mit dem sie ihre Liebe zum Meer und zum Reisen teilt. Den Sommer verbringt sie an der Südküste Englands, den Winter in fernen exotischen Ländern.
Leseprobe
Als Eva das schützende Land verlässt, schlägt ihr erbar-mungslos der Wind entgegen und bläst ihr die Haare aus dem Gesicht. Sie drückt die Thermoskanne mit dem Kaffee an die Brust. Sandwolken fegen die Küste entlang und treiben ein Knäuel aus Angelschnüren vor sich her.
Eine Frau kommt ihr entgegen. Der Wind presst den violetten Mantel in ihren Rücken, und ihr Gesicht verschwindet in der mit Pelz verkleideten Kapuze. Eva wünschte, sie hätte auch an eine Kopfbedeckung gedacht. Sie hatte ganz vergessen, wie rau das Klima an der Küste sein konnte. In London schützen die Gebäude vor den Unbilden des Wetters, das man ohnehin meist nur vom Fenster aus erlebt.
Jackson und sie waren gestern Abend zum Geburtstag ihrer Mutter nach Dorset gekommen. Der Aufbruch war hektisch gewesen. Eva war im Krankenhaus aufgehalten worden, weil sie noch einen Fötus dazu anregen musste, sich in die Schädellage zu drehen, hatte es aber trotzdem geschafft, das Geschenk für ihre Mutter einzupacken und das Geschirr vom Frühstück zu spülen. Jackson war noch später gekommen, erschöpft von einer Sitzung, die sich ewig hingezogen hatte. Die ganze Woche war so gewesen: Sie hatten zu verschiedenen Zeiten etwas Essbares in sich hineingestopft, hatten die Spannungen von der Arbeit mit heimgebracht und waren zu spät und zu erschöpft ins Bett gefallen, um sich noch unterhalten zu wollen. Jetzt genießt sie es, dass sie ein ganzes Wochenende haben, um einfach zur Ruhe zu kommen.
Vor ihr tauchen die Felsen auf, wo Jackson angeln wird, gewaltige, düstere Brocken, die direkt ins Meer hineinragen. Eva fragt sich, ob er schon etwas gefangen hat. Es hatte gerade erst zu dämmern angefangen, als sie gespürt hatte, wie die Matratze nachgibt und Jackson aus dem Bett schlüpft. Sie hatte gehört, wie er in seine Jeans steigt, einen Pullover überstreift und den Reißverschluss seines Mantels zuzieht. Dann hatte er sich über das Bett gebeugt und ihr einen Kuss auf die nackte Schulter gedrückt. Sie hatte die Augen gerade weit genug geöffnet, um sehen zu können, wie er zur Tür hinausgeht, die rote Mütze weit über die Ohren gezogen.
Direkt hinter den Felsen sieht sie ein Boot aufblitzen. Im nächsten Moment ist es schon wieder in einem Wellental verschwunden, und sie denkt, dass die Wetterverhältnisse zu schlecht sind, um aufs Meer hinauszufahren. Sie blinzelt in den Wind und sieht, wie das Boot von einer Welle wieder emporgehoben wird: ein orangefarbenes Rettungsboot. Sie fragt sich, ob es einen Unfall gegeben hat. Und kaum hat sie diesen Gedanken gefasst, spürt sie, wie sich ein gewisses Unbehagen in ihrem Körper ausbreitet.
In ihrer Kindheit, als ihr Vater noch gelebt hatte, waren sie im Sommer jeden Morgen zum Baden an diesen Strand gekommen. Ihr Vater war auf dem Rücken geschwommen und mit ausladenden Bewegungen seiner langen, knochigen Arme durch das Wasser gepflügt. Eva hatte diese Strandpartien geliebt. Das Wasser war ruhig gewesen, und die frühe Morgensonne hatte auf der Wasseroberfläche geglänzt. Heute hat das Meer etwas Dunkles, Abweisendes.
Sie sucht die Felsen nach Jackson ab, und der Wind treibt ihr die Tränen in die Augen. Er muss dort sein; an dieser Stelle angelt er immer, wenn sie bei ihrer Mutter sind. Im Moment wird das Einheitsgrau von Meer und Himmel allerdings nur von dem Rettungsboot durchbrochen. Obwohl sie sich sagt, dass es vielleicht nur ein Übungseinsatz ist, fängt sie an, sofort loszurennen.
Die Thermoskanne schlägt ihr gegen die Hüfte, ihre Stiefel wirbeln Sand auf, und sie atmet hektisch. Sie fühlt sich durch die vielen Kleidungsschichten eingeengt - die Jeans klemmt an den Knien, und die Mantelknöpfe drücken ihr aufs Brustbein.
Als sie die Stelle erreicht, wo die Klippe beginnt, steht schon ein Dutzend Leute dort herum. Sie mustert die Gruppe und lässt den Blick dann über die Felsen schweifen, wo die Wellen anbranden und weiße Gischt in den zerrissenen Himmel j