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Wir treten ihn mit Füßen, kehren ihn als Schmutz aus dem Haus und nennen ihn abwertend 'Dreck': den Boden unter unseren Füßen. Dabei muss diese dünne Haut unseres Planeten alle menschlichen Zivilisationen tragen - und ernähren. Warum der vermeintliche Dreck Grundlage allen Lebens und damit auch unserer Zivilisation ist, erzählt der Geologe David R. Montgomeryanhand spannender Geschichten aus der Geschichte. Aufstieg und Niedergang menschlicher Zivilisationen hängen am 'Dreck': Von den frühen Kulturen in Mesopotamien über das Römische Weltreich bis zur 'Eroberung' des Amerikanischen Westens hat der Mensch den Boden genutzt und gebraucht, zerstört und verwüstet - letzteres zum eigenen Schaden. Wo der Boden erodiert, verschwindet nach und nach auch die Zivilisation, die dies zulässt. Denn Boden ist - zusammen mit Wasser und Luft - unsere wichtigste Naturressource. Weil das so ist, belässt Montgomery es nicht bei historischen Betrachtungen: Derzeit gehen jedes Jahr Milliarden Tonnen fruchtbarer Boden durch falsche Landbewirtschaftung oder verfehlte Stadt- und Verkehrsplanung verloren. Montgomery geht diesem Aderlass auf den Grund und benennt Alternativen. Sein Buch ist ein leidenschaftliches Plädoyer für einen anderen, nachhaltigen Umgang mit dem 'letzten Dreck'.
David R. Montgomery ist Geologe. Er lehrt als Professor an der Universität von Washington in Seattle/USA. Für sein Buch 'Dirt. The Erosion of Civilizations' wurde er 2008 mit dem Washington State Book Award ausgezeichnet.
Autorentext
David R. Montgomery ist Geologe. Er lehrt als Professor an der Universität von Washington in Seattle/USA. Für sein Buch 'Dirt. The Erosion of Civilizations' wurde er 2008 mit dem Washington State Book Award ausgezeichnet.
Leseprobe
KAPITEL 1
Dreck unter unseren Füßen
An einem sonnigen Augusttag in den späten 1990ern führte ich eine Expedition den Pinatubo auf den Philippinen hinauf, um einen Fluss zu untersuchen, der infolge der gewaltigen Eruption des Vulkans im Jahr 1991 noch immer mit dampfendem Sand angefüllt war. Das Flussbett gab verhalten nach, als wir unter der gleißenden Tropensonne mühsam stromaufwärts marschierten. Plötzlich sank ich erst bis zu den Knöcheln und dann bis zu den Knien ein, um schließlich bis zur Hüfte im heißen Sand festzustecken. Während es mir in meinen hohen Stiefeln zunehmend heiß wurde, zückten meine Studenten ihre Kameras. Nachdem sie meine missliche Lage genau dokumentiert und ein wenig mit mir verhandelt hatten, zogen sie mich endlich aus dem Morast.
Man fühlt sich selten so hilflos wie wenn die Erde unter den Füßen nachgibt. Je mehr man dagegen ankämpft, umso tiefer sinkt man ein. Es geht abwärts und man kann nichts dagegen tun. Nach diesem kurzen Abtauchen in kochend heißen Treibsand fühlte sich selbst das lockere Flussbett steinhart an.
Wir denken normalerweise nicht allzu viel über den Boden unter unseren Füßen, unter unseren Häusern, Städten und Farmen nach. Erde ist eben Erde und als solche eine Selbstverständlichkeit. Doch intuitiv wissen wir, dass guter Boden mehr ist als Dreck. Gräbt man in frischer, reichhaltiger Erde, fühlt man das Leben darin. Fruchtbarer Boden ist locker und rutscht von der Schaufel. Bei genauem Hinsehen offenbart sich eine ganze Welt voller Leben, das sich an anderem Leben gütlich tut, ein biologisches Fressgelage, das Totes zu neuem Leben recycelt. Gesunder Boden hat einen betörenden, vollen Duft – es ist der Geruch des Lebens selbst.
Doch was ist Erde überhaupt? Wir versuchen, mit ihr getreu dem Motto zu verfahren, aus den Augen, aus dem Sinn, und verbannen sie nach draußen. Wir spucken auf sie, verunglimpfen sie und kratzen sie von unseren Schuhen. Was aber ist letztendlich wichtiger als sie? Alles ist von der Erde genommen und kehrt wieder zu ihr zurück. Sollte das allein noch keine Achtung vor ihr einflößen, so denke man nur daran, wie tief greifend der Einfluss von Bodenfruchtbarkeit und Bodenerosion den Lauf der Geschichte beeinflusst hat.
Boden und Menschheitsgeschichte
Als die Menschheit begann, Landwirtschaft zu betreiben, ernährten 98 Prozent derer, die das Land bearbeiteten, eine kleine herrschende Klasse, die über die Verteilung von Nahrungsmitteln und Ressourcen entschied. Heute beläuft sich der Anteil der US-amerikanischen Bevölkerung, die in der Landwirtschaft tätig ist und den Rest des Landes ernährt, auf weniger als ein Prozent (in Deutschland waren es im Jahr 2005 rund zwei Prozent – Anm. d. Übers.). Zwar ist den meisten Menschen bewusst, wie sehr wir von diesem kleinen Kreis moderner Landwirte abhängen, doch nur wenige begreifen, welch enormen Stellenwert deren Umgang mit dem Boden für die Zukunft unserer Zivilisation haben wird.
Viele alte Kulturen betrieben in ihrem Wachstumsstreben indirekten Bodenabbau, denn ihre Ackerbaumethoden beschleunigten die Erosion so sehr, dass die natürliche Bodenbildung nicht mehr Schritt halten konnte. Manche von ihnen fanden heraus, dass man etwas für den Boden tun muss, um ihn zu erhalten. Was sie alle verband, war jedoch ihre Abhängigkeit von einer ausreichenden Nachlieferung fruchtbaren Bodens. Obwohl bereits bekannt war, wie wichtig es ist, die Bodenfruchtbarkeit zu erhöhen, trug der Verlust von Boden von den ersten Agrargesellschaften bis hin zum antiken Griechenland und Rom zum Niedergang ganzer Kulturen bei. Später förderte er den Aufstieg des europ&aum
Inhalt
1;Dreck;1
2;Inhalt;7
3;KAPITEL 1, Dreck unter unseren Füßen;11
3.1;Boden und Menschheitsgeschichte;14
3.2;Erosion oder warum Kulturen kollabieren;15
3.3;Milliardenschwere Verluste;18
3.4;Wie viel Boden braucht der Mensch?;18
4;KAPITEL 2, Die dünne Haut der Erde;23
4.1;Darwin und die Regenwürmer;25
4.2;Die Gärtner der Natur;27
4.3;Ein System in Balance;29
4.4;Am Anfang war der Boden;31
4.5;Ein Mikrokosmos des Lebens;32
4.6;Steter Tropfen zermürbt den Stein;35
4.7;Weltweite Bodenvielfalt;37
4.8;Erosion als Phänomen;38
4.9;Das Abc des Bodens;40
4.10;Die dünne Haut erhalten;41
5;KAPITEL 3, Flüsse des Lebens;45
5.1;Der Mensch erscheint im Pleistozän;47
5.2;Die Erfindung des Ackerbaus;49
5.3;Ein kleines Dorf in der Levante;51
5.4;Warum die Menschen sesshaft wurden;53
5.5;Wie der Mensch auf den Hund kam;55
5.6;Die Geburtsstunde der Bewässerung;57
5.7;Der Beginn der mesopotamischen Stadtkultur;58
5.8;Mit dem Wasser kommt das Salz;60
5.9;Ägyptens Lebensader;62
5.10;Die Zähmung des Nils;65
5.11;Vom Hunger am Gelben Fluss;66
5.12;Unterwegs auf Chinas Lössplateau;69
5.13;Schleichender Niedergang;70
6;KAPITEL 4, Friedhof der Imperien;73
6.1;Der Mythos vom Goldenen Zeitalter;75
6.2;Landwirtschaftliches Wissen von Hesiod bis Theophrast;76
6.3;Die Vergangenheit wird rekonstruiert;77
6.4;Vom Grabstock zum Pflug;80
6.5;Klima und Mensch als Auslöser für Erosion;82
6.6;Rom oder die Geschichte wiederholt sich;83
6.7;Bodenkundliches Wissen im alten Rom;85
6.8;Vom Stellenwert des Pflügens;88
6.9;Flüsse und Häfen versinken im Dreck;90
6.10;Sklaverei und Großgrundbesitz;91
6.11;Nordafrika ernährt das Imperium;93
6.12;Das Römische Reich zerbröckelt;95
6.13;Auf Forschungsreise ums Mittelmeer;98
6.14;Kahle Hänge im Heiligen Land;100
6.15;Das elfte Gebot Mose;102
6.16;Entwaldung und Erosion bei den Maya;104
6.17;Forschung im mittelamerikanischen Urwald;107
6.18;Bodenzerstörung von Mexiko bis Panama;108
6.19;Der Niedergang der Puebloindianer;111
6.20;Boden und Macht;113
7;KAPITEL 5, Landfraß und Eroberung;115
7.1;Der Ackerbau erreicht Europa;117
7.2;Landwirtschaft zwischen Donau und Rhein;120
7.3;Europa wird abgetragen;122
7.4;Die Tragik der Allmende;125
7.5;Klimakapriolen und der Schwarze Tod;126
7.6;Das Land wechselt seine Besitzer;128
7.7;Die Renaissance der Bodenpflege;130
7.8;Erde und Humus vor der Royal Society;133
7.9;Englische Verh…