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Die wichtigsten Champagnerwinzer hat es zu einer historischen Weinprobe an die beschauliche Lahn verschlagen, doch der Abend endet blutig. Ghislain de Montgolfier wird der Kopf abgeschlagen. Und zwar genau auf die Art, wie man eine Champagnerflasche köpft. Professor Adalbert Bietigheim, Deutschlands einziger Inhaber eines Lehrstuhls für Kulinaristik und Zeremonienmeister des Abends, sieht es als seine Pflicht an, den Mord an seinem alten Freund aufzuklären. Seine Ermittlungen führen ihn in die wunderschöne Champagne mit ihrer prachtvollen Hauptstadt Reims. Sie führen tief in die kilometerlangen Kreidekeller der Champagnerhäuser und in die wechselvolle Historie der Gegend. ...
Carsten Sebastian Henn, geboren 1973 in Köln, arbeitet als Schriftsteller, Weinjournalist und Restaurantkritiker. Er ist Chefredakteur des Gault & Millau WeinGuides sowie Redaktionsleiter Deutschland des Weinmagazins Vinum. In St. Aldegund an der Mosel besitzt er einen Steilstweinberg mit alten Rieslingreben, den er selbst bewirtschaftet. Wenn er einmal nicht seiner Leidenschaft fürs Kochen nachgeht, ist er auf der Suche nach neuen Gaumenfreuden.
Autorentext
Carsten Sebastian Henn, geboren 1973 in Köln, arbeitet als Schriftsteller, Weinjournalist und Restaurantkritiker. Er ist Chefredakteur des Gault & Millau WeinGuides sowie Redaktionsleiter Deutschland des Weinmagazins Vinum. In St. Aldegund an der Mosel besitzt er einen Steilstweinberg mit alten Rieslingreben, den er selbst bewirtschaftet. Wenn er einmal nicht seiner Leidenschaft fürs Kochen nachgeht, ist er auf der Suche nach neuen Gaumenfreuden.
Leseprobe
KAPITEL 2
Ein Rätsel für den Professor
Das altehrwürdige Reims wirkte auf den Professor, während der Zug auf dem Weg zum schönen Bahnhof der Stadt durch die unattraktiven Außenbereiche pflügte, wie ein auf den Boden gefallener Apfel einer alten Streuobstwiese. Unförmig, mit einigen braunen Stellen und Katschen. Doch wenn man durch die Schale stieß und sich seinem Inneren näherte, stellte sich dieses als makellos, hoch aromatisch und köstlich heraus. Das Zentrum, das Kerngehäuse von Reims, war wunderschön, eine Perle des Art déco, mit kostbaren Materialien und dekorativer Eleganz erbaut. Florale Elemente ließen die Altstadt wirken, als blühten hier selbst die Wände der Häuser. Inmitten von Reims stand die Kathedrale Notre-Dame. Ihr stattete Adalbert zuallererst einen Besuch ab und stellte dort eine Kerze auf, denn er hatte den Eindruck, ein wenig göttlicher Beistand könne nicht schaden. Dann spazierte er zum Place Drouet-d'Erlon, der voll hing mit Plakaten und Fahnen, die für allerlei Veranstaltungen warben. Vom Theater über Kino, einem Fußballpokalspiel zwischen Stade de Reims und Hellas Verona, einem Rennen mit historischen Automobilen und natürlich dem großen Marathon durch die Champagne. Reims war fraglos kein verschlafenes Städtchen der Provinz, sondern eine pulsierende Metropole im Miniaturmaßstab.
Der Professor betrat die Boulangerie »Waïda et Fils«, wo er sich Pâte de fruits kaufte, diese so köstlichen Fruchtgelees mit ihrer konzentrierten Säure und der intensiven Süße. Sie weckten die Geschmacksnerven wie ein stürmischer Kuss. Als er vor der Boulangerie stand und direkt eines aß, musste Adalbert an Hildegard zu Trömmsen denken, der er in diesem Jahr endlich gestehen wollte, dass sie die große Liebe seines Lebens war, und er hoffte sehr, sie würde Gleiches erwidern. Kurz entschlossen trat er nochmals in das Geschäft, um ihr etwas dieser Köstlichkeit nach Hamburg mitbringen zu können.
Für Benno kaufte er in einer nahe gelegenen Boucherie einen Rinderknochen, damit dieser während der Testamentseröffnung beschäftigt war. Ein wenig Kauen würde den Notar sicher nicht stören. Und wenn doch, dann würde er ihm so einiges über die edle Abstammung seines Foxterriers mitteilen - wie auch Spekulationen über die vermutlich unedle Abstammung des Notars.
Dessen Büro, oder besser Stadtvilla, befand sich in der Rue Libergier. Die prachtvolle Behausung machte sofort deutlich, wie viel Geld nötig war, um sich dem Büro nähern zu dürfen.
»Benno, bei Fuß!«, sagte der Professor, woraufhin dieser an der Leine zog, als hätte ihn plötzlich jemand in Ketten gelegt. Genau das hatte der Professor erwartet, sogar darauf gehofft, dass Benno dem Kommando nicht Folge leisten würde. Er wollte nämlich, dass Benno vorging, denn sein vierbeiniger Begleiter gewann die Herzen für sich. Und es wäre schön, wenn wenigstens einer von ihnen ein paar abbekam. Adalbert wusste, dass er im Zentrum der Missgunst stehen würde. Aus gegebenem Anlass war Bennos Leine heute schwarz. Genau wie die Fliege des Professors.
Selbstverständlich war er pünktlich. Überpünktlich sogar. Eine halbe Stunde zu früh.
Doch wie sich herausstellte, waren alle anderen schon da.
Und hatten keinen Platz für ihn frei gehalten.
Mit seinem Eintreffen war offensichtlich erst gerechnet worden, nachdem alles geregelt worden wäre.
Manch einer hätte bei den Blicken der Anwesenden an eine Schlangengrube gedacht, doch Schlangen wären nicht fähig, jemanden dermaßen verächtlich anzuschauen.
Aber die Erben fanden ihren Meister.
Abneigung schlug dem Professor seit jeher entgegen, wenn er seine Zensuren mitteilte. Der Professor lächelte daher unbeeindruckt. Freundlichkeit war seine Waffe der Wahl.
»Sie sind spät dran«, sagte der hagere Notar Gérard Le Coq statt einer Begrüßung. Mit seinen zurückgelegten grauen Haaren und den ernsten Gesichtszügen wirkt