Man hat ihn »König der Leser« genannt, »Don Juan der Bibliotheken«, »Monsieur Lecture«. Mit vier Jahren »entdeckte« Alberto Manguel, dass er lesen konnte, als Sechzehnjähriger war er Vorleser des erblindenden Dichters Jorge Luis Borges, von 2016 bis 2018 Direktor der argentinischen Nationalbibliothek. Mit seinem Bestseller Geschichte des Lesens, in 35 Sprachen erschienen, wurde er weltberühmt. Als Sieglinde Geisel ihn fragt, wer er sei, antwortet Manguel: »Ich bin ein Leser.« Abgesehen davon sei seine Identität fluide: als gebürtiger Argentinier, der unter anderem in Israel, Tahiti und New York gelebt hat und heute die kanadische Staatsbürgerschaft besitzt; als dreifacher Vater, der sich eines Tages in einen Mann verliebte; als Jude, aufgezogen von einer deutsch-tschechischen Nanny, die ihm die deutsche Kultur und Literatur nahebrachte. Wie in seinen Büchern schöpft Manguel auch im Gespräch auf charmante und inspirierende Weise aus seinem unermesslichen Wissen, erzählt vom Umzug seiner rund 40 000 Bände umfassenden Privatbibliothek, von seinem Schlaganfall, nach dem er wieder neu sprechen lernen musste, von seiner Liebe zu Dante und seinem Hobby, dem Puppenmachen. Und er verrät, wie es dazu kam, dass jedes seiner Kinder während der Frankfurter Buchmesse geboren wurde.
Autorentext
SIEGLINDE GEISEL, 1965 in Rüti im Kanton Zürich geboren, lebt als Kulturjournalistin in Berlin. Sie arbeitet u.a. für Deutschlandfunk Kultur, Republik, NZZ am Sonntag, WOZ, Süddeutsche Zeitung und ist Dozentin für Schreibwerkstätten (Freie Universität Berlin, Universität St. Gallen). 2016 hat sie das Online-Literaturmagazin tell (www.tell-review.de) gegründet. Buchveröffentlichungen: Irrfahrer und Weltenbummler. Wie das Reisen uns verändert (2008), Nur im Weltall ist es wirklich still. Vom Lärm und der Sehnsucht nach Stille (2010) sowie im Kampa Verlag der Gesprächsband Was wäre, wenn? mit Peter Bichsel.
Zusammenfassung
Man hat ihn "König der Leser" genannt, "Don Juan der Bibliotheken", "Monsieur Lecture". Mit vier Jahren "entdeckte" Alberto Manguel, dass er lesen konnte, als Sechzehnjähriger war er Vorleser des erblindenden Dichters Jorge Luis Borges, von 2016 bis 2018 Direktor der argentinischen Nationalbibliothek. Mit seinem Bestseller Geschichte des Lesens, in 35 Sprachen erschienen, wurde er weltberühmt. Als Sieglinde Geisel ihn fragt, wer er sei, antwortet Manguel: "Ich bin ein Leser." Abgesehen davon sei seine Identität fluide: als gebürtiger Argentinier, der unter anderem in Israel, Tahiti und New York gelebt hat und heute die kanadische Staatsbürgerschaft besitzt; als dreifacher Vater, der sich eines Tages in einen Mann verliebte; als Jude, aufgezogen von einer deutsch-tschechischen Nanny, die ihm die deutsche Kultur und Literatur nahebrachte. Wie in seinen Büchern schöpft Manguel auch im Gespräch auf charmante und inspirierende Weise aus seinem unermesslichen Wissen, erzählt vom Umzug seiner rund 40 000 Bände umfassenden Privatbibliothek, von seinem Schlaganfall, nach dem er wieder neu sprechen lernen musste, von seiner Liebe zu Dante und seinem Hobby, dem Puppenmachen. Und er verrät, wie es dazu kam, dass jedes seiner Kinder während der Frankfurter Buchmesse geboren wurde.
Leseprobe
Erinnern Sie sich an den Moment, als Sie mit vier merkten, dass Sie lesen können?Ich erinnere mich ganz genau. Wir saßen im Auto, und auf der Straße in Tel Aviv war ein Plakat. Plötzlich wusste ich, was die Buchstaben bedeuten.Francis Spufford hat ein Buch mit dem Titel A Child That Books Built geschrieben. So könnte auch Ihre Biographie heißen.Alle Leser haben solche interessanten Kindheiten zwischen Büchern. Als ich Eine Geschichte des Lesens veröffentlichte, bekam ich Briefe von überall, in denen es hieß: So war auch meine Kindheit. Leser bilden eine universelle Gemeinschaft, obwohl jeder einzelne denkt, er sei allein. »Das ist so einzigartig, es ist nie jemand anderem passiert.« Und dann erkennt man plötzlich: Doch, ist es.Sie lesen seit zehn Jahren jeden Morgen Dante.Ich habe eine Morgenroutine, die ich beizubehalten versuche. Ich stehe sehr früh auf, ohne ganz wach zu sein. Ich finde meinen Weg mit halbgeschlossenen Augen. Ich gehe ins Bad, mache mir einen Tee und lese einen Canto von Dante. Eine angenehme Art, meinen Geist zu wecken.