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Mit "Immensee", einer stimmungsvollen Erinnerungsnovelle um eine verlorene Jugendliebe, hatte Theodor Storm grossen Erfolg. Sie ist auch heute noch eine seiner beliebtesten und bekanntesten Novellen. An dieser Erzählung wird deutlich, wie sich Storms Novellistik aus der Lyrik entwickelt hat. Das Wesen der Geschichte "Marthe und ihre Uhr" wird von Storm selbst als "Situation" bezeichnet. Das Verhältnis von Marthe zu ihrer Uhr wird von dem Dichter in einem Satz seiner Geschichte angezeigt: "So sass sie jetzt bei ihren Erinnerungen in derselben Kammer, und die alte Uhr pickte bald laut, bald leise; sie wusste von Allem, sie hatte Alles miterlebt, sie erinnerte Marthe an Alles, an ihre Leiden, an ihre kleinen Freuden." Auch die Erzählung "Im Saal" bezeichnet eine "Situation": Bei einer Kindtaufe erinnert sich die Grossmutter an vergangene Zeiten. und im Mittelpunkt ihrer Erzählung steht der alte Gartensaal, ein Stillleben im Wandel der Zeit. Neben Auszügen aus Storms autobiographischen Aufzeichnungen bringt das Nachwort Daten zum Leben des Dichters. Dazu ausführliche Anmerkungen für den Leser.
Autorentext
Theodor Storm, geb. am 14. September 1817 in Husum. Der Rechtsanwalt wurde 1852 von den Dänen wegen politischer Opposition ausgewiesen und kehrte 1864 als Landvogt in seine nun deutsch gewordene Heimatstadt zurück. Ab 1879 war Storm Amtsgerichtsrat. Er starb am 4. Juli 1888 in Hademarschen. Storm gilt als einer der wichtigsten Vertreter des poetischen Realismus. In seinem Werk ist Storm thematisch den Menschen und der Landschaft seiner Heimat zugewandt und als Künstler der Spätromantik verpflichtet, besonders in seiner liedhaft-innigen, formstrengen Natur- und Bekenntnislyrik. Seine Hauptleistung aber liegt in der Novelle. 58 solcher Novellen umfasst sein Werk, das von lyrisch gestimmten und wehmütig verklärenden Texten bis zu realistischen, stark handlungsbetonten Schicksals- und Chroniknovellen reicht. Immer wieder stellt Storm dabei die menschlichen Leidenschaften und den Kampf des einzelnen gegen überlegene Mächte mit herber, oft tragischer Gefasstheit dar.
Leseprobe
IMMENSEE Der Alte An einem Spätherbstnachmittage ging ein alter wohlgekleideter Mann langsam die Straße hinab. Er schien von einem Spaziergange nach Hause zurückzukehren; denn seine Schnallenschuhe, ·die einer vorübergegangenen Mode angehörten, waren bestäubt. Den langen Rohrstock mit goldenem Knopf trug er unter dem Arm; mit seinen dunkeln Augen, in welche sich die ganze verlorene Jugend gerettet zu haben schien und welche eigentümlich von den schneeweißen Haaren abstachen, sah er ruhig umher oder in die Stadt hinab, welche im Abendsonnendufte vor ihm lag. Er schien fast ein Fremder; denn von den Vorübergehenden grüßten ihn nur wenige, obgleich mancher unwillkürlich in diese ernsten Augen zu sehen gezwungen wurde. Endlich stand er vor einem hohen Giebelhause still, sah noch einmal in die Stadt hinaus und trat darin in die Hausdiele. Bei dein Schall der Türglocke wurde drinnen in der Stube von einem Guckfenster, welches nach der Diele hinausging, der grüne Vorhang weggeschoben und das Gesicht einer alten Frau dahinter sichtbar. Der Mann winkte ihr mit seinem Rohrstock. "Noch kein Licht!" sagte er in einem etwas südlichen Akzent; und die Haushälterin ließ den Vorhang wieder fallen. Der Alte ging nun über die weite Hausdiele, dann durch einen Esel, wo große Eichschränke mit Porzellanvasen an den Wänden standen; durch die gegenüberstehende Tür trat er in einen kleinen Flur, von wo aus eine enge Treppe zu den oberen Zimmern des Hinterhauses führte. Er stieg sie langsam hinauf, schloß oben eine Tür auf und trat darin in ein mäßig großes Zimmer. Hier war es heimlich und still; die eine Wand war fast mit Repositorien und Bücherschränken bedeckt; an der andern hingen Bilder von Menschen und Gegenden; vor einem Tische mit g