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Als sie eine folgenschwere Entscheidung fällt, steht plötzlich nicht nur ihre Karriere auf dem Spiel sondern auch ihr Leben!
Als junges Mädchen musste Abby hilflos miterleben, wie ihr kleiner, herzkranker Bruder seinen Kampf auf Leben und Tod verlor. Damals schwor sie, später als Ärztin andere Kinder zu retten. Jahre danach gehört sie zum Top-Transplantationsteam eines Krankenhauses in Boston. Als jedoch eine keineswegs todkranke, aber reiche Frau trotz Abbys Widerspruch eines der raren Spenderherzen erhält, wird Abby misstrauisch. Sie forscht auf eigene Faust nach und stellt fest, dass dieses Herz aus dunklen Kanälen stammt ... »Mit diesem klassischen Medizinthriller voll nervenzerreißender Spannung und brillanten Wendungen legt Tess Gerritsen eine pulsbeschleunigende Geschichte vor, die Ihnen das Herz bis zum Hals schlagen lassen wird.« USA Today
Autorentext
So gekonnt wie Tess Gerritsen vereint niemand erzählerische Raffinesse mit medizinischer Detailgenauigkeit und psychologischer Glaubwürdigkeit der Figuren. Bevor sie mit dem Schreiben begann, war die Autorin selbst erfolgreiche Ärztin. Der internationale Durchbruch gelang ihr mit dem Thriller »Die Chirurgin«, in dem Detective Jane Rizzoli erstmals ermittelt. Seither sind Tess Gerritsens Thriller von den internationalen Bestsellerlisten nicht mehr wegzudenken. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Maine.
Leseprobe
Er war klein fr sein Alter, kleiner als die anderen Jungen, die in der Unterfhrung in Arbats-Kaya bettelten, doch mit elf hatte er schon alles ausprobiert. Er rauchte seit vier Jahren Zigaretten, stahl, seit er acht war, und ging seit zwei Jahren auf den Strich. Letzteres mochte Jakov nicht besonders, aber Onkel Mischa bestand darauf. Wie sollten sie sonst Brot und Zigaretten kaufen? Als kleinster und blondester von Onkel Mischas Jungen trug Jakov die Hauptlast des Geschs. Die Freier bevorzugten immer die jungen und blonden. Das Fehlen seiner linken Hand schien sie nicht zu stren; die meisten bemerkten den verkmmerten Stumpf gar nicht. Sie waren zu angetan von seinem zierlichen Wuchs, seinen blonden Haaren und seinen unerschrockenen blauen Augen. Jakov sehnte sich danach, zu alt fr dieses Gesch zu werden und sich seinen Lebensunterhalt durch Taschendiebste zu verdienen wie die anderen Jungen. Jeden Morgen, wenn er in Onkel Mischas Wohnung aufwachte, und jeden Abend vor dem Einschlafen packte er mit seiner gesunden Hand das Kopfteil seiner Pritsche und reckte sich in der Hoffnung, seiner Gr wenigstens ein paar Millimeter hinzuzufgen. Jakov war klein, weil er aus einer verkmmerten Linie stammte. Die Frau, die ihn vor acht Jahren in Moskau allein zurckgelassen hatte, war auch verkrppelt gewesen. Jakov konnte sich kaum an die Frau erinnern, genausowenig wie an irgend etwas anderes von seinem Leben in der Stadt. Er wue, was Onkel Mischa ihm erzt hatte, und glaubte davon hchstens die Hte. Fr das zarte Alter von elf Jahren war Jakov nicht nur kleinwchsig, sondern auch ungewhnlich helle.
Deshalb betrachtete er den Mann und die Frau, die mit Onkel Mischa am Eisch ber Gesche sprachen, auch mit natrlicher Skepsis.
Das Paar war in einem gron, schwarzen Wagen mit getnten Scheiben vorgefahren. Der Mann hieGregor und trug einen Anzug mit passender Krawatte und Schuhe aus echtem Leder. Nadja, die Frau, war eine Blondine in einem Rock und einer Jacke aus edler Wolle. Sie trug einen Hartschalenkoffer. Nadja war keine Russin, das war allen vier Jungen in der Wohnung sofort klar. Vielleicht Amerikanerin oder Englerin. Sie sprach fliend russisch, aber mit einem Akzent. Wend die beiden Mer bei einer Flasche Wodka das Geschliche beredeten, wanderte der Blick der Frau durch die winzige Wohnung. Sie registrierte die an die Wand gerckten alten Feldbetten, die Haufen dreckiger Laken und die vier in stlichem Schweigen zusammengekauerten Jungen. Nadja hatte hellgraue Augen, schne Augen, und sie musterte die Jungen nacheinander. Zuerst betrachtete sie Pjotr, der mit fnfzehn der este war, dann den dreizehnjigen Stepan und den zehnjigen Alexei. Und zuletzt sah sie Jakov an.
Jakov war es gewohnt, von Erwachsenen auf diese Art gemustert zu werden, und er erwiderte ihren Blick ruhig. Ungewohnt war es, so rasch bergangen zu werden. Normalerweise ignorierten die Erwachsenen die eren Jungen, aber diesmal war es der hagere, pickelige Pjotr, der die Aufmerksamkeit der Frau auf sich zog.
"Sie tun das Richtige, Mikhail Isayevich", sagte Nadja zu Mischa. "Diese Kinder haben hier keine Zukunft. Wir bieten ihnen eine einmalige Gelegenheit!" Sie lelte den Jungen zu.
Stepan, der Dummkopf, grinste zurck wie ein verliebter Idiot. "Sie wissen, dasie kein Englisch sprechen", sagte Onkel Mischa. "Nur das eine oder andere Wort." "Kinder schnappen so was schnell auf, praktisch mhelos." "Sie werden Zeit brauchen zum Lernen. Die Sprache, das Essen - ".
"Unsere Agentur kennt die Anpassungsprobleme und Bedrfnisse der Jungen. Wir arbeiten mit zahlreichen russischen Kindern, Waisen wie diese. Fr eine Weile werden sie eine Spezialschule besuchen, um die notwendige Zeit zur Umstellung zu erhalten."
"Und wenn sie es nicht schaffen?"
Nadja zgerte. "Hin und wieder gibt es Ausnahmen, Kinder mit emotionalen Problemen." Ihr Blick wanderte ber die vier Jungen. "Gibt es einen, der Ihnen besondere Sorgen macht?" Jakov wue, daer derjenige mit den Problemen war, von denen sie sprachen. Derjenige, der selten lachte und nie weinte. Derjenige, den Onkel Mischa sein "kleines Steinmchen" nannte. Jakov wue nicht, warum er nie weinte. Wenn den anderen Jungen weh getan wurde, vergossen sie gro Trn. Jakov dagegen schaltete einfach ab. Totale Mattscheibe, so wie im Fernsehen spbends, wenn die Sender abgeschaltet hatten. Kein Programm, keine Bilder, nur dieses beruhigende wei Flimmern.
"Sie sind alle gute Jungen", versicherte Onkel Mischa. "Prachtburschen."
Jakov musterte die drei anderen Jungen. Pjotr hatte eine vorstehende Stirn und leicht vorgebeugte Schultern wie ein Gorilla. Stepan hatte komische Ohren, klein und faltig, dazwischen ein Hirn von der Gr einer Walnu Alexei lutschte am Daumen.
Und ich, dachte Jakov und betrachtete den Stumpf seines Unterarms, habe bloeine Hand. Warum nennen sie uns Prachtkerle? Doch genau das war es, was Onkel Mischa nicht aufhrte zu beteuern. Und die Frau nickte. Ja, es waren gute Jungen, gesunde Jungen.
"Selbst ihre Ze sind in Ordnung!" betonte Mischa. "Kein bihen verfault. Und sehen Sie, wie groPjotr ist."
"Der da sieht ein bihen unterernt aus." Gregor zeigt auf Jakov. "Und was ist mit seiner Hand passiert?"
"Er wurde schon so geboren."
"Die Strahlung?"
"Ansonsten ist er vollkommen intakt. Ihm fehlt nur die Hand." "Das sollte kein Problem sein", sagte Nadja und erhob sich von ihrem Stuhl. "Wir mssen aufbrechen. Es wird Zeit." "Schon so bald?"
"Wir haben einen Terminplan einzuhalten." "Aber ihre Kleidung?"
"Die Agentur wird sie neu einkleiden. Und besser."
"Mudenn alles so schnell gehen? Haben wir keine Zeit, uns voneinander zu verabschieden?"
Ein Anflug von Vererung blitzte in den Augen der Frau auf. "Aber nur einen Moment. Wir wollen unsere Anschlsse nicht verpassen."
Onkel Mischa sah seine Jungen an, seine vier Jungen, die weder durch Blutsbande noch Liebe, sondern allein durch gegenseitige Abhigkeit und Bedrftigkeit an ihn gebunden waren. Er umarmte einen nach dem anderen. Als er zu Jakov kam, drckte er ihn ein wenig enger und ler. Onkel Mischa roch nach Zwiebeln und Zigaretten. Es waren vertraute Gerche, gute Gerche. Doch Jakov zog sich instinktiv zurck. Er mochte es nicht, umarmt oder berhrt zu werden, von niemandem. "Denk immer an deinen Onkel", flsterte Mischa. "Wenn du reich bist in Amerika, denk daran, wie ich mich um dich gekmmert habe."