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200 Jahre nach dem Erscheinen von Kants Kritik der reinen Vernunft sieht sich jede Kritik, die Aufklärung in der Gegenwart einlösen will, mit einer neuen Form des falschen Bewußtseins konfrontiert. Dieses falsche Bewußtsein beruht weder auf Lüge noch auf Irrtum, es ist auch nicht durch die auf eine »Kritik der politischen Ökonomie« gestützte Ideologiekritik aufzulösen. »Zynismus ist das aufgeklärte falsche Bewußtsein. Es ist das modernisierte unglückliche Bewußtsein, an dem Aufklärung zugleich erfolgreich und vergeblich gearbeitet hat. Es hat seine Aufklärung gelernt, aber nicht vollzogen und wohl nicht vollziehen können. Gutsituiert und miserabel zugleich fühlt sich dieses Bewußtsein von keiner Ideologiekritik mehr betroffen, da seine Falschheit bereits reflexiv gefedert ist.« Den Gehalt dieses selbst zynischen Satzes sucht der vorliegende Essay zu entwickeln, in einer Form, die sich der Verfahrensweisen des antiken Kynismus bedient: des Lachens, der Beschimpfung, der Angriffe. Aufgezeigt wird - in einem einleitenden Abschnitt - wie die verschiedenen Strategien aufklärerischer Kritik von den jeweiligen Gegenmächten umgebogen wurden und schließlich in unserem Jahrhundert in den modernen Zynismus münden. »Der zynische Herr lüpft die Maske ein wenig, zumal man ohnedies versucht, sie ihm herunterzureißen, lächelt seinen schwächeren Gegenspieler an - und unterdrückt ihn doch. Sachzwang, Machtzwang! Wissen ist Macht, auch so. Die Vormacht lüftet in ihren Zynismen ein wenig ihre Geheimnisse, treibt sozusagen ein bißchen Selbstaufklärung und plaudert aus der Schule.« Die verschiedenen Ausprägungen dieses Zynismus läßt Sloterdijk in einem zweiten Abschnitt Revue passieren. Im letzten Teil seiner Untersuchung analysiert der Autor eine Epoche, in der der moderne Zynismus das politische und kulturelle Bewußtsein zum ersten Mal deutlich prägte: die Weimarer Republik, deren erstes Erbe der Faschismus und dessen zweiter Sproß unsere Zeit ist.
Autorentext
Peter Sloterdijk wurde am 26. Juni 1947 als Sohn einer Deutschen und eines Niederländers geboren. Von 1968 bis 1974 studierte er in München und an der Universität Hamburg Philosophie, Geschichte und Germanistik. 1971 erstellte Sloterdijk seine Magisterarbeit mit dem Titel Strukturalismus als poetische Hermeneutik. In den Jahren 1972/73 folgten ein Essay über Michel Foucaults strukturale Theorie der Geschichte sowie eine Studie mit dem Titel Die Ökonomie der Sprachspiele. Zur Kritik der linguistischen Gegenstandskonstitution. Im Jahre 1976 wurde Peter Sloterdijk von Professor Klaus Briegleb zum Thema Literatur und Organisation von Lebenserfahrung. Gattungstheorie und Gattungsgeschichte der Autobiographie der Weimarer Republik 19181933 promoviert. Zwischen 1978 und 1980 hielt sich Sloterdijk im Ashram von Bhagwan Shree Rajneesh (später Osho) im indischen Pune auf. Seit den 1980er Jahren arbeitet Sloterdijk als freier Schriftsteller. Das 1983 im Suhrkamp Verlag publizierte Buch Kritik der zynischen Vernunft zählt zu den meistverkauften philosophischen Büchern des 20. Jahrhunderts. 1987 legte er seinen ersten Roman Der Zauberbaum vor. Sloterdijk ist emeritierter Professor für Philosophie und Ästhetik der Staatlichen Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe und war in Nachfolge von Heinrich Klotz von 2001 bis 2015 deren Rektor.
Klappentext
200 Jahre nach dem Erscheinen von Kants Kritik der reinen Vernunft sieht sich jede Kritik, die Aufklärung in der Gegenwart einlösen will, mit einer neuen Form des falschen Bewußtseins konfrontiert. Dieses falsche Bewußtsein beruht weder auf Lüge noch auf Irrtum, es ist auch nicht durch die auf eine »Kritik der politischen Ökonomie« gestützte Ideologiekritik aufzulösen. »Zynismus ist das aufgeklärte falsche Bewußtsein. Es ist das modernisierte unglückliche Bewußtsein, an dem Aufklärung zugleich erfolgreich und vergeblich gearbeitet hat. Es hat seine Aufklärung gelernt, aber nicht vollzogen und wohl nicht vollziehen können. Gutsituiert und miserabel zugleich fühlt sich dieses Bewußtsein von keiner Ideologiekritik mehr betroffen, da seine Falschheit bereits reflexiv gefedert ist.« Den Gehalt dieses selbst zynischen Satzes sucht der vorliegende Essay zu entwickeln, in einer Form, die sich der Verfahrensweisen des antiken Kynismus bedient: des Lachens, der Beschimpfung, der Angriffe. Aufgezeigt wird - in einem einleitenden Abschnitt - wie die verschiedenen Strategien aufklärerischer Kritik von den jeweiligen Gegenmächten umgebogen wurden und schließlich in unserem Jahrhundert in den modernen Zynismus münden. »Der zynische Herr lüpft die Maske ein wenig, zumal man ohnedies versucht, sie ihm herunterzureißen, lächelt seinen schwächeren Gegenspieler an - und unterdrückt ihn doch. Sachzwang, Machtzwang! Wissen ist Macht, auch so. Die Vormacht lüftet in ihren Zynismen ein wenig ihre Geheimnisse, treibt sozusagen ein bißchen Selbstaufklärung und >plaudert aus der Schule1. Zynismus - Dämmerung des falschen Bewußtseins 33 2. Aufklärung als Gespräch - Ideologiekritik als Fortsetzung des gescheiterten Gesprächs mit anderen Mitteln 44 3. Die acht Entlarvungen - Revue der Kritik 64 4. Nach den Entlarvungen: Zynisches Zwielicht. Skizzen zum Selbstwiderruf des Aufklärungsethos 159 5. »Auf der Suche nach der verlorenen Frechheit« 203 Zweiter Teil. Zynismus im Weltprozeß I. Physiognomisches Hauptstück 265 A. Zur Psychosomatik des Zeitgeistes 267 B. Kabinett der Zyniker 294 Band 2 II. Phänomenologisches Hauptstück 397 A. Die Kardinalzynismen 399 1. Der Militärzynismus 403 2. Der Staats- und Vormachtszynismus 422 3. Der Sexualzynismus 461 4. Der Medizinzynismus 489 5. Der Religionszynismus 506 6. Der Wissenszynismus 526 B. Die Sekundärzynismen 549 1. Minima Amoralia - Geständnis, Witz, Verbrechen 549 2. Schule der Beliebigkeit - Informationszynismus, Presse 559 3. Tauschzynismus - oder die Härte des Lebens 576 III. Logisches Hauptstück 599 A. Schwarze Empirie - Aufklärung als Organisation von polemischem Wissen 601 B. Transzendentale Polemik. Heraklitische Meditationen 652 IV. Historisches Hauptstück 697 Das Weimarer Symptom. Bewußtseinsmodelle der deutschen Moderne 699 1. Weimarer Kristallisation 704 2. Dadaistische Chaotologie 711 3. Die Republik-als-ob 741 4. Die Front und das Nichts 748 5. Tote ohne Testament 755 6. Verschwörer und Simulanten 763 7. Depersonalisierung und Entfremdung 777 8. Prothesen - vom Geist der Technik 791 9. Politische Algodizee 815 10. Um einen Napoleon von innen bittend 829 11. »Helle Stunde« 840 12. Von deutscher Hochstapler-Republik 849 13. Hoppla - leben wir? 876 14. Postkoitale Dämmerung 901 15. Weimarer Doppelbeschlüsse oder die Sachlichkeit zum Tode 909 Epilog 921 Schluß 928 Inhaltsübersicht