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Über Eliteuniversitäten und die Notwendigkeit von Eliten wird zurzeit heftig diskutiert. Aber was sind eigentlich Eliten? Was zeichnet sie aus? Sind Eliten und Demokratie überhaupt miteinander vereinbar? Michael Hartmann stellt im ersten Teil dieser Einführung die wichtigsten Elitetheorien der letzten 120 Jahre - von Mosca bis Bourdieu - in ihren wesentlichen Elementen vor und kommentiert sie kritisch. Ebenso wichtig für jeden, der sich mit Elitesoziologie beschäftigt, ist die Analyse der Eliten in den entwickelten Industrieländern, die Gegenstand des zweiten Teils sind: Wer besetzt in Wirtschaft, Politik, Verwaltung, Justiz oder Wissenschaft die Spitzenpositionen und welches sind ihre Funktionen? Michael Hartmann stellt dar, wie sich die maßgeblichen Eliten in den fünf größten Industriestaaten (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Japan und USA) rekrutieren, und untersucht ihre soziale Herkunft und Homogenität. Damit verbindet er auf anschauliche Weise Theorie und Empirie dieses wichtigen Teilgebiets der Soziologie.
Autorentext
Michael Hartmann ist Deutschlands renommiertester Elitenforscher. Er steht für die These, dass Herkunft maßgeblich über den Erfolg entscheidet. Bis Herbst 2014 war Hartmann Professor für Soziologie an der TU Darmstadt. Bei Campus sind von ihm mehrere Bücher zum Thema Elite erschienen, zuletzt "Die globale Wirtschaftselite. Eine Legende" (2016).
Leseprobe
Durch die von der SPD initiierte Debatte über die so genannten Eliteuniversitäten hat die Elitendiskussion in Deutschland einen neuen Schub erfahren. Plötzlich fordern Politiker, Manager und Journalisten fast unisono auch hierzulande Elitehochschulen, ein deutsches Harvard oder ein deutsches Princeton. Die berühmten privaten Eliteuniversitäten der USA werden zum unhinterfragten Vorbild für die gewünschte und bereits geplante Umgestaltung der hiesigen Hochschullandschaft. Ganz neu ist diese Vorliebe für den Begriff der Elite nicht. Schon seit Beginn der neunziger Jahre erfreut er sich einer stetig steigenden Unterstützung durch die maßgeblichen Medien, aber auch prominente Wirtschaftsvertreter und Politiker. Ihrer Ansicht nach bedarf Deutschland dringend handlungsfähiger Eliten, soll es im internationalen Wettbewerb Schritt halten und nicht im Mittelmaß versinken. Das mediale Dauerfeuer zeitigt inzwischen auch in der breiten Bevölkerung Wirkung. Zwar steht eine Mehrheit dem Begriff Elite nach wie vor kritisch bis ablehnend gegenüber, die Minderheit, die ihn bejaht, wächst aber kontinuierlich. So konnte die FAZ im letzten Oktober stolz vermelden, dass inzwischen 54 Prozent der Bundesbürger dafür seien, besonders begabte Schüler in Eliteklassen oder Eliteschulen zu fördern, und nur noch 33 Prozent dagegen. Das ist eine beachtliche Veränderung innerhalb weniger Jahre. Dennoch bleibt bei der Mehrheit der Bevölkerung ein Unbehagen, wenn von Eliten die Rede ist. Man assoziiert damit doch immer noch in erster Linie ungerechtfertigte Privilegien (wie zum Beispiel die horrenden Gehälter, Abfindungen und Pensionszusagen in den Chefetagen der deutschen Großkonzerne), Abgehobenheit und Arroganz der Macht. Man denkt an Personen wie die ehemaligen Vorstandsvorsitzenden von Mannesmann 8 und der Bundesagentur für Arbeit, Klaus Esser und Florian Gerster. Das Verhalten solcher Spitzenmanager scheint den meisten typisch zu sein für die Eliten. Wenn der Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Josef Ackermann, vor jenem Gericht in Düsseldorf, das die außerordentlich hohen Abfindungen für die Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder von Mannesmann verhandelt, den Satz formuliert, Deutschland sei "das einzige Land, wo die Leute, die Werte schaffen, vor Gericht kommen", und dabei lächelt, dann bestätigt er, wenn auch ungewollt, diesen Eindruck. Ist von Elite die Rede, dann beeilen sich die Befürworter deshalb auch stets zu versichern, es dürfe sich dabei auf keinen Fall um Herkunftseliten handeln, die nur ihre Privilegien zu verteidigen suchten. Man wolle vielmehr Leistungseliten, so die übliche Formulierung, oder aber Werteliten, wie es hin und wieder auch ausgedrückt wird. Was aber verbirgt sich hinter all diesen Begriffen? Was ist unter Eliten zu verstehen? Gibt es sie und, wenn ja, wer zählt dazu? Auf all diese Fragen eine Antwort zu finden, bemüht sich die Soziologie schon seit mehr als einem Jahrhundert. Ihre Beschäftigung mit dem Thema hat dabei eine wechselvolle Geschichte. Sie kennt ausgesprochene Hochkonjunkturen wie um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, in den dreißiger Jahren, nach dem Zweiten Weltkrieg oder in jüngster Zeit, aber auch lange Phasen weitgehenden Desinteresses, aus ihrem Blickfeld verschwunden ist die Thematik aber nie. Die Frage, welche Personen eine Gesellschaft führen, wie sie das tun und woher sie kommen, hat zu allen Zeiten . mal mehr, mal weniger . die Phantasie der soziologischen Betrachter angeregt. Schaut man zwecks einer ersten begrifflichen Klärung zunächst in einschlägige Enzyklopädien wie etwa die von Brockhaus oder Meyer, dann findet man folgende Definition. Mit Elite, einem vom französischen Wort élire (auswählen) stammenden und seit dem 17. Jahrhundert in Frankreich geläufigen, seit dem 18. Jahrhundert auch in die deutsche Sprache übernommenen Begriff wird dort eine soziale Gruppe bezeichnet, "die sich durch hohe Qualifikationsmerkmale sowie durch eine besondere Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft " (Brockhaus Enzyklopädie) beziehungsweise "durch bes. Wert oder Leistung auszeichnet" (Meyers Enzyklopädisches Lexikon) und zudem die gesellschaftliche Entwicklung maßgeblich bestimmt. Historisch gesehen wurde der Begriff Elite im 18. Jahrhundert vom aufstrebenden französischen Bürgertum als demokratischer Kampfbegriff gegen Adel und Klerus entwickelt. Die individuelle Leistung sollte an Stelle der familiären Abstammung die entscheidende Voraussetzung für die Bekleidung gesellschaftlicher Spitzenpositionen bilden. Im 19. Jahrhundert veränderte sich die Verwendung des Elitebegriffs dann tief greifend. Er wurde nun als Gegenbegriff zu dem der Masse benutzt. Das Bürgertum und mit ihm die bürgerlich akademische Intelligenz waren damals zutiefst beunruhigt über das Phänomen der städtischen Massen, die mit der Bevölkerungsexplosion in Europa entstanden waren und einhergingen mit der Entstehung der industriellen Arbeiterklasse. Sie sahen die herrschende Ordnung durch politische Unruhen und revolutionäre Bestrebungen der Massen gefährdet. Die auf diesem Hintergrund formulierten klassischen Elitetheorien von Mosca, Michels und Pareto1 bildeten mit ihrer Gegenüberstellung von Elite und Masse später eine wichtige ideologische Grundlage für den aufkommenden Faschismus in Italien und Deutschland. Die von ihnen vertretene Überzeugung, dass die Herrschaft einer kleinen Elite über die große Mehrheit unumgänglich sei, wurde von den faschistischen Parteien als zentrale Begründung für das Führerprinzip benutzt. Die Diskreditierung des Elitebegriffs durch den Faschismus und der Konflikt mit dem sozialistischen Lager führten nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer umfassenden Neubestimmung. Nachdem man sich zunächst (vor allem in Deutschland) auf den Begriff der Wertelite zurückbesonnen hatte, unter Elite, zumindest in öffentlichen Verlautbarungen, nur eine durch bestimmte moralische und ethische Qualitäten ausgezeichnete Minderheit verstand, ging man in den Sozialwissenschaften relativ schnell und später dann auch in der Öffentlichkeit dazu über, die in den USA gebräuchliche funktionalistische Definition von Eliten zu übernehmen. Diese Sichtweise dominiert bis heute, obwohl in jüngster Zeit wieder stärkere Anklänge an die klassische Dichotomie von Elite und Masse zu vernehmen sind. Ein stärker dichotomisches Weltbild erfreut sich gerade unter den Angehörigen des akademischen Bürgertums in den letzten Jahren einer deutlich wachsenden Beliebtheit. Das lässt sich an einer Reihe von Stellungnahmen im Rahmen der Diskussion ü…