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Gewalt und Gesetzlosigkeit breiten sich aus wie die Pest in den finsteren Kammern, den babylonischen Gängen, den kahlen, verlassenen Steinhöfen, den spinnwebverschleierten Dachböden Gormenghasts.
Beunruhigende Ereignisse, unerklärliche Vorkommnisse tragen sich zu, verdichten sich und werden zu einer tödlichen Bedrohung für Titus, den jungen Grafen Groan, Herr über die geheimnisvollen Provinzen des Schlosses und ihre Bewohner. In einem grauenvollen Finale fällt schließlich die unerwartete Entscheidung.
Ein Fantasyroman voll schillernder Figuren und einem labyrinthischen Schauplatz, der skurriler nicht sein könnte. Mervyn Peakes zeitloses Meisterwerk ist das Vorbild für viele moderne Fantasyautoren.
»Gormenghast« ist von der Hand eines Zauberers geschrieben.
Vorwort
Neuausgabe mit einem Vorwort von Tad Williams - neu durchgesehene Übersetzung
Autorentext
Mervyn Peake, geboren 1911 im Kaiserreich China, ist neben seinen literarischen Werken auch als Maler und Illustrator hervorgetreten. Mit »Gormenghast« wurde er international bekannt. Peake starb 1968 in Burford bei Oxford.
Leseprobe
Vorwort von Tad Williams
Zuallererst: Wenn Sie diesem Vorwort gegenüber skeptisch sind, und überlegen, ob Sie dieses Buch überhaupt lesen sollen oder nicht, überspringen Sie das Vorwort und lesen Sie statt dessen das Buch. Sie können später immer noch zurückblättern und schauen, was in der Einleitung steht. Auf geht's! Los! Immer noch unsicher? Also schön, hier ist ein Abschnitt von der ersten Seite:
Titus der Siebenundsiebzigste. Erbe eines zerfallenden Gipfels, eines Meeres aus Nesseln, eines Reiches aus rotem Rost, der knöcheltiefen Fußspuren des Rituals in Stein.
Gormenghast.
Zurückgezogen und zerfallend brütet es in den Umbraschatten: das unsterbliche Mauerwerk, die Türme, die Trakte. Verrottet alles? Nein. Ein Zephir streicht durch eine Allee aus Türmen, ein Vogel zwitschert, eine Flutwelle reißt den Damm eines gestauten Flusses fort. Tief verborgen in einer Steinfaust windet sich eine Puppenhand warm und rebellisch auf der erstarrten Handfläche. Ein Schatten verändert seine Länge. Eine Spinne regt sich ...
Und Dunkelheit breitet sich zwischen den Gestalten aus.
Nun, wie können Sie jetzt noch widerstehen, jene Treppen hinaufzusteigen, die von so vielen anderen so oft erklommen wurden, bis die Stufen in der Mitte derart abgenutzt waren, dass Ihr Fuß darin wie in Schlamm versinkt? Würden Sie nicht gern zwischen den Schatten jener brütenden Türme dahinschleichen und deren Geheimnisse ergründen? Und reizt es Sie nicht endlich zu erfahren, wer solch einen uralten, bedrohlichen, geheimnisumwitterten Ort bewohnt?
Titus, zu Beginn dieses Bandes immer noch ein Kind, ist der siebenundsiebzigste seines Geschlechts - ein Stammbaum, um den ihn sogar die ägyptischen Pharaonen beneiden würden. Und trotz all ihrer Macht und ihres Ruhms, hatte kein Pharao je ein Heim wie Titus und die anderen Groans.
Ehrlich - lesen Sie einfach das Buch. Wir haben später noch Zeit zum Reden. Wenn es um Gormenghast geht, um das monströse Schloss und um Peakes Bücher, die sich ebenso in die Phantasie von Generationen von Lesern eingeschlichen haben, wie die Nesseln und der Rost in die uralte Festung eindrangen, ist immer Zeit genug.
Hier eine Frage: Kann ein Schloss eine Romanfigur sein?
Viele Leser und Kritiker haben auf die Tatsache hingewiesen, dass es zumindest in den ersten beiden Bänden von Mervyn Peakes eigenartigem, verstörendem, doch gleichzeitig auch seltsam bezauberndem Meisterwerk niemanden gibt, den man als Held bezeichnen könnte. Titus, der siebenundsiebzigste Graf von Groan, kommt dem natürlich am nächsten, und er nimmt auf etlichen Seiten von Gormenghast einen Platz ein, der ihn mit anderen Helden von Abenteuergeschichten vergleichbar macht: vom hitzigen Blut der Jugend durchströmt und doch von den Menschen seiner Umgebung getrennt, verwirrt, sehnsuchtsvoll und rebellisch. Im dritten Band, Der letzte Lord Groan , wagt er sich weit über die Grenzen des ungeheuren alten Schlosses hinaus, was ihn wohl zweifellos zum Helden der Geschichte macht. Doch in der ersten Folge, Der junge Titus , existiert er kaum als handelnder Protagonist - auf den letzten Seiten ist er immer noch ein daumenlutschendes Kind, während er im größten Teil des zweiten Bandes jünger als zehn Jahre ist und am Geschehen eher passiv als aktiv teilnimmt. Gewiss kein gewöhnlicher Romanheld.
Steerpike, Titus' Gegenspieler, ist die Hauptfigur in jenem ersten Band, und sein Aufstieg zur Spitze Gormenghasts, im übertragenen und wörtlichen Sinn (denn Steerpike ist ein geschickter Kletterer, und viel von dem Unheil, das er anrichtet, ergibt sich aus seiner Fähigkeit, rasch und heimlich durch die verfallene, labyrinthische Festung zu streifen), steht im Mittelpunkt der ersten beiden Romane. Doch im dritten Band ist er verschwunden und wird von niemandem außer dem Leser vermisst. Kein guter Kandidat für eine Hauptfigur.
Peake verwendet viele andere Figuren wegen ihrer ungewöhnlichen Perspektiven und teilt ihre Gedanken mit uns - Doktor Prunesquallor, der Schuldirektor Bellgrove, Titus' leidenschaftlich verwirrte Schwester Fuchsia, um nur einige wenige zu nennen -, doch obwohl sie alle in der Geschichte wichtig sind, tragen ihre eigenen Geschichten nicht die Haupthandlung der ersten beiden Bücher, sondern ranken sich um die wichtigsten Ereignisse, um ihr Profil zu vertiefen und zu verdichten, so wie der schwarze Efeu und die Hirschzunge Gormenghasts tausendjährige Steine überziehen.
Ist es also das Schloss? Ist Gormenghast selbst, wie viele Leser behauptet haben, die Hauptfigur? Falls nicht, ist es jedenfalls unmöglich, einen anderen Handlungsort in der gesamten Literatur zu benennen, der dieser Bezeichnung näher käme. Zweifellos gibt es Stellen, an denen Peake die Karten auf den Tisch zu legen scheint und von dem Ort spricht, als sei er und alle seine Bewohner, so seltsam selbständig sie auch sein mögen, Teile eines einzigen Ganzen:
Das Gefühl von Unwirklichkeit, das sich im ganzen Schloss verbreitet hatte wie eine sonderbare Krankheit, hatte Bellgroves Ehe einen Dämpfer versetzt, so dass, wenn man sich auch nicht über einen Mangel an Ereignissen beklagen konnte und kein Zweifel an deren Wichtigkeit herrschte, doch eine gewisse Schärfe, eine besondere Wahrnehmung fehlte, und niemand wirklich daran glaubte, dass etwas geschah. Es war, als erhole sich das Schloss von einer Seuche oder war dabei, ihr unmittelbar zu verfallen. Es war entweder verloren in einem Schleier unscharfer Erinnerung oder in der Unwirklichkeit beunruhigender Vorahnungen. Dem Schlossleben fehlte die Unmittelbarkeit. Es gab keine scharfen Kanten. Keine knackigen Laute. Über allem lag ein Schleier, ein Schleier, den niemand fortreißen konnte.
Man kann sich kaum vorstellen, dass jemand den Gefühlszustand einer Person besser beschreiben könnte als Peake die Stimmungen eines Ortes. Aber in Wirklichkeit ist Gormenghast mehr als ein Ort, da es viele wundervolle Handlungsorte umfasst - die Halle der edlen Schnitzwerke, die infernalische Küche, das altehrwürdige, pfeifenrauchvernebelte Professorenzimmer, der von Eulen behauste Pulverturm, wo Graf Sepulchrave, Titus' Vater, dem Wahnsinn verfällt - das Schloss ist viel mehr als die Summe seiner Teile. Es ist nicht nur ein Schloss, es ist ein bewohntes Schloss. Die Hauptfigur der ersten beiden Bände ist weder eine Einzelperson noch ist sie Gormenghast allein, ein Ding aus Stein und Staub und flüsternder Zugluft, vielmehr dreht sich alles um Gormenghast als einen lebendigen Organismus, der alle seine Bewohner mit einschließt. Alle zusammen bilden, sogar inmitten von etwas, das wie allgegenwärtiger Tod und Verfall wirkt, ein pulsierendes Ganzes.
Trotz der schweigenden Schatten, die wie ein Leichentuch über Gormenghast liegen, gibt es stets Geräusche, blitzartige Bewegungen, kleine Gefühl…