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Kein Sterbenswörtchen werde ich sagen! Das viersilbige Wort ist also ein Dementi all dessen, was wir wem auch immer sagen könnten. Damit hat es etwas Düsteres, es erinnert uns an unser Ende, an den Zeitpunkt, ab dem wir für immer verstummen. Wir werden sterben, todsicher. Wann es sein wird und wie, davon haben wir zumeist keine blasse Ahnung: deshalb die Fülle an Abwehrstrategien von der routinierten Vermeidung bis zur panischen Angst. Sie alle belegen: Der Tod ist ein Thema wie kein anderes.
Wir lassen dennoch, nein deswegen nicht von ihm ab, auch wenn das heißt, sich an der Grenze des Unvorstellbaren zu bewegen, denn jeder Versuch des Erkennens bleibt auf das Leben angewiesen. Der Gegenstand des Erkennens aber ist dessen Ende: Solange wir denken, ist unsere endgültige Abwesenheit für uns undenkbar. Wir glauben bis zum Ende nicht, dass wir uns einmal fehlen werden, und deshalb fehlen uns oft die Worte.
Mit unserer Vergangenheit haben wir es da leichter; Kindheit und Jugend sind ein wunderbares Reservoir von literarisch fruchtbaren Erzählanlässen. Die Beiträge in diesem Buch versuchen jedoch, die Blickrichtung umzukehren zu unserem Ende hin. Damit erinnern sie an die Tradition der Sterbebüchlein , die im späten Mittelalter beginnt und im 18. Jahrhundert endet. Dort wurde die Kunst des Sterbens' im Sinne der christlichen Normen gelehrt. Heute gibt es nichts Vergleichbares. Seit langem verfolgt die bürgerliche Gesellschaft das ihr kaum bewusste Ziel, den Menschen die Möglichkeit zu verschaffen, sich dem Anblick von Sterbenden zu entziehen, so Walter Benjamin in seinem Essay Der Erzähler von 1936; das Sterben sei nach und nach aus der Merkwelt der Lebenden herausgedrängt worden.
Die Absicht dieses Buches ist es, Sterben und Tod in die Gegenwart der lebenden Leserinnen und Leser zurückzuholen. Dabei gibt es kein Primat eines Textgenres: Der Essay erweist sich mit seinen am Begriff orientierten Mitteln als ebenso produktiv wie die Bildsprache von Prosa und Lyrik und die Unmittelbarkeit eines letzten Briefs an Meine Lieben vor dem Suizid.
Mit Beiträgen von Lothar Baier, Steffen Brück, Claude Cueni, Hannes Demming, Patrick Eiden-Offe, Martin Jürgens, Hermann Kinder, Christa Ludwig, Petra Moser, Leon Ospald, Guido Rademacher, Maximilian Riethmüller, Jochen Schimmang, Katrin Seglitz, Wolfgang Ullrich, Erdmut Wizisla und Barbara Zoeke.
Autorentext
Petra Moser ist Kunstpädagogin und Erziehungswissenschaftlerin und lehrt Pädagogik und Kreatives Schreiben an der Pädagogischen Hochschule Zürich. Zudem ist sie als Ausstatterin am Theater tätig und leitet die Literaturwerkstatt der Psychiatrie des Akademischen Lehrkrankenhauses der Universität Konstanz. Promoviert wurde sie mit einer Arbeit im Grenzgebiet von Literatur- und Erziehungswissenschaft mit dem Titel: Nah am Tabu. Experimentelle Selbsterfahrung und erotischer Eigensinn in Robert Walsers Jakob von Gunten.
Martin Jürgens arbeitete nach seiner Promotion im Fach Germanistik und seiner Habilitation im Fach Kunst- und Literatursoziologie bis zum Jahr 2000 als Hochschullehrer und seitdem als Lehrbeauftragter u.a. an der UdK Berlin. Seit 1981 entwickelt er Regiearbeiten für das Theater, diverse Publikationen von ihm erschienen seit 1967, u.a. Essay-Sammlungen wie z.B. So. Über das Leben, die Kunst und den Tod (Oktober Verlag, 2002). Seit 2006 entwickelte er Beiträge für konkret , seit 2009 monatlich eine lyrische Bildlegende. Eine Auswahl davon erschien unter dem Titel Frau Merkel sieht auf ihrem Schuh ein Streifenhörnchen, das sich putzt 2015 bei Neofelis.
Klappentext
"Kein Sterbenswörtchen werde ich sagen!" Das viersilbige Wort ist also ein Dementi all dessen, was wir - wem auch immer - sagen könnten. Damit hat es etwas Düsteres, es erinnert uns an unser Ende, an den Zeitpunkt, ab dem wir für immer verstummen. Wir werden sterben, todsicher. Wann es sein wird und wie, davon haben wir zumeist keine blasse Ahnung: deshalb die Fülle an Abwehrstrategien - von der routinierten Vermeidung bis zur panischen Angst. Sie alle belegen: Der Tod ist ein Thema wie kein anderes.
Wir lassen dennoch, nein deswegen nicht von ihm ab, auch wenn das heißt, sich an der Grenze des Unvorstellbaren zu bewegen, denn jeder Versuch des Erkennens bleibt auf das Leben angewiesen. Der Gegenstand des Erkennens aber ist dessen Ende: Solange wir denken, ist unsere endgültige Abwesenheit für uns undenkbar. Wir glauben bis zum Ende nicht, dass wir uns einmal fehlen werden, und deshalb fehlen uns oft die Worte.
Mit unserer Vergangenheit haben wir es da leichter; Kindheit und Jugend sind ein wunderbares Reservoir von literarisch fruchtbaren Erzählanlässen. Die Beiträge in diesem Buch versuchen jedoch, die Blickrichtung umzukehren - zu unserem Ende hin. Damit erinnern sie an die Tradition der Sterbebüchlein , die im späten Mittelalter beginnt und im 18. Jahrhundert endet. Dort wurde die ,Kunst des Sterbens' im Sinne der christlichen Normen gelehrt. Heute gibt es nichts Vergleichbares. Seit langem verfolgt die bürgerliche Gesellschaft das ihr kaum bewusste Ziel, "den Menschen die Möglichkeit zu verschaffen, sich dem Anblick von Sterbenden zu entziehen", so Walter Benjamin in seinem Essay Der Erzähler von 1936; das Sterben sei nach und nach "aus der Merkwelt der Lebenden" herausgedrängt worden.
Die Absicht dieses Buches ist es, Sterben und Tod in die Gegenwart der lebenden Leserinnen und Leser zurückzuholen. Dabei gibt es kein Primat eines Textgenres: Der Essay erweist sich mit seinen am Begriff orientierten Mitteln als ebenso produktiv wie die Bildsprache von Prosa und Lyrik und die Unmittelbarkeit eines letzten Briefs an "Meine Lieben" vor dem Suizid.
Mit Beiträgen von Lothar Baier, Steffen Brück, Claude Cueni, Hannes Demming, Patrick Eiden-Offe, Martin Jürgens, Hermann Kinder, Christa Ludwig, Petra Moser, Leon Ospald, Guido Rademacher, Maximilian Riethmüller, Jochen Schimmang, Katrin Seglitz, Wolfgang Ullrich, Erdmut Wizisla und Barbara Zoeke.