Tiefpreis
CHF36.30
Auslieferung erfolgt in der Regel innert 2 bis 4 Werktagen.
Keltische Schmelzmeister produzierten während des 6. und 5. Jahrhunderts v. Chr. bei Neuenbürg im Nordschwarzwald in großem Stil Eisen. Ausgrabungen belegten in den Jahren 2004 bis 2011, dass hier während der späten Hallstatt- und frühen Latènezeit eine zentral organisierte und hoch spezialisierte Eisenproduktion betrieben wurde. Zahlreiche außergewöhnlich gut erhaltene Verhüttungsplätze gehören zu den ältesten Nachweisen der Eisentechnologie nördlich der Alpen und sind ein über Baden-Württemberg hinaus bedeutendes montanarchäologisches Denkmal.
In den Jahren 2004 bis 2011 wurden in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt umfangreiche Relikte einer keltischen Eisenproduktion des 6./5. Jhs. v. Chr. bei Neuenbürg im Nordschwarzwald archäologisch erforscht. Die außergewöhnlich gut erhaltenen Verhüttungsplätze stellen ein einzigartiges montanarchäologisches Denkmal in Baden-Württemberg dar und gehören zu den ältesten Nachweisen dieser Technologie nördlich der Alpen.
Nach der Entdeckung keltischer Siedlungsspuren auf dem Neuenbürger Schlossberg in den 1930er Jahren wurde ein Zusammenhang mit dem Neuenbürger Erzrevier vermutet, aber erst 1995/96 durch gezielte Geländeforschungen nachgewiesen. Der tatsächliche Umfang konnte dann im Rahmen des DFG-Projekts erfasst werden.
Systematische Prospektionen in den Wäldern um Neuenbürg erbrachten umfangreiche und zum Teil außergewöhnlich gut erhaltene Überreste der keltischen Eisenerzverhüttung in Form von Abfallhalden aus Rennofenschlacken und Ofenbauteilen. Mittlerweile sind über 80 dieser Produktionsareale bekannt, sie liegen in einem ca. 5 x 6 km umfassenden Bereich südlich und östlich der Höhensiedlung auf dem Neuenbürger Schlossberg. Anscheinend wurde hier über einen relativ kurzen Zeitraum während der späten Hallstatt- und frühen Latènezeit eine intensive und hoch spezialisierte Eisenproduktion betrieben. Ausgrabungen an bislang sechs Verhüttungsplätzen belegen eine sehr einheitliche Organisation und Produktionsweise. Bei den Grabungen wurden immer wieder standardisierte Ensembles der metallurgischen Produktionskette angetroffen, welche Erzaufbereitung, Verhüttung und erste Weiterverarbeitungsschritte der Stahlluppe umfassen. Mehrere Rennfeueröfen an jedem Platz lassen auf eine zentral organisierte, kontinuierliche und normierte Metallproduktion schließen. Die Erzaufbereitung erfolgte durch Rösten und anschließendes Zerkleinern auf Steinpodien mittels faustgroßer Pochsteine und Schiebemühlen. Die in den Rennfeueröfen produzierten Stahlluppen wurden noch am Verhüttungsplatz ausgeschmiedet, die weitere Verarbeitung fand dann wohl in den Siedlungen statt.
Die Kenntnis von Bergbau und Erzverhüttung ist wahrscheinlich als Technologieimport über die Kontakte der frühkeltischen Welt zum mediterranen Raum in den Nordschwarzwald gelangt und hat hier zur Herausbildung einer kurzfristigen überregional bedeutenden Eisenproduktion im Neuenbürger Erzrevier geführt.
Autorentext
Dr. Guntram Gassmann ist seit 2015 als Fachreferent für Montanarchäologe am Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart beschäftigt. Darüber hinaus wirkte er seit vielen Jahren meist freiberuflich oder mit befristeten Anstellungen an den verschiedensten archäometallurgischen und montanarchäologischen Projekten in Europa und Lateinamerika mit, unter anderem mehrere Jahre im Nordschwarzwald und in Luxemburg zu altem Eisen, im Kosovo an antiker Edelmetallgewinnung oder in Frankreich und Süddeutschland an der Herkunftsbestimmung von Eisenobjekten mittels Osmiumisotopie. Überdies war er an einem Interreg Projekt zum Silbererzbergbau in den Vogesen und im Schwarzwald beteiligt. Aktuell wirkt er an einem Forschungsprojekt zum Präkolumbischen Gold in Costa Rica mit.
Dr. Felicitas Schmitt: 2006-2013 Studium der Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters, Paläoanthropologie und Vorderasiatischen Archäologie in Tübingen, Magisterarbeit zu Kinderbestattungen in der frühbronzezeitlichen Aunjetitzer Kultur. Seit 2013 Projektmitarbeit im Sonderforschungsbereich 1070 Ressourcenkulturen in Tübingen zu Themen aus der Kupferzeit im Zentrum der Iberischen Halbinsel. Seit 2017 Tätigkeit am Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, zunächst als wissenschaftliche Volontärin gefolgt von Projektanstellungen. 2021 Abschluss der Promotion zum Siedlungsgefüge, der Ressourcennutzung und der Gesellschaftsstruktur im Westen der Provinz Toledos (Spanien). Seit März 2021 arbeitet Frau Schmitt als Gebietsreferentin der Vor- und Frühgeschichte beim Landesamt für Denkmalpflege in Esslingen und ist dort für fünf Kreise im Regierungspräsidium Stuttgart zuständig.
Dr. Günther Wieland: Studium der Vor- und Frühgeschichte, Provinzialrömischen Archäologie, Volkskunde und Alten Geschichte in München und Saarbrücken, 1989 Magisterarbeit zu den keltischen Viereckschanzen von Fellbach-Schmiden und Ehningen, 1993 Promotion in München mit einer Dissertation über die Spätlatènezeit in Württemberg. 1993-1994 Reisestipendium des Deutschen Archäologischen Instituts. Herr Wieland ist seit 1994 am Landesamt für Denkmalpflege tätig, von 2000 bis 2016 als Gebietsreferent am Dienstsitz Karlsruhe, seit 2016 als Fachgebietsleiter Prospektion, Dokumentation und Archäobiowissenschaften in Esslingen.
Tief- preis