Tiefpreis
CHF52.70
Auslieferung erfolgt in der Regel innert 2 bis 4 Werktagen.
Umweltprobleme verändern seit Beginn der Industrialisierung, mit wachsender Beschleunigung seit den 1950er- Jahren, das Gefüge moderner Gesellschaften. Welche Dynamiken ergeben sich aus diesen Prozessen? Welche Chancen eröffnen sie für den radikalen Wandel fossiler in postfossile Gesellschaften, den die Klimaforscher vehement einfordern? Dieses von Sozialwissenschaftlern unterschiedlicher Disziplinen erstellte Handbuch bietet erstmals eine historisch und global orientierte Analyse des konfliktreichen Wegs der sozial-ökologischen Transformation. Es beleuchtet zentrale Transformationsfelder (Klima, Energiewende, Wirtschaft und Konsum, Stadtentwicklung und Landwirtschaft) und stellt Entwicklungen in westlichen Industrieländern, in Schwellenländern wie China, Indien und Brasilien sowie in armen, agrarisch geprägten Ländern wie Äthiopien vor.
»Das von Karl-Werner Brand herausgegebene Handbuch zur sozial-ökologischen Transformation der Welt ist ein extrem lesenswerter Weckruf an die deutsche Transformations-Gemeinde.« Henning Wilts, Ökologisches Wirtschaften, 30.05.2018
Autorentext
Karl-Werner Brand ist Professor für Soziologie i.R. an der TU München und Mitbegründer der deutschen Sektion Umweltsoziologie.
Leseprobe
Vorwort Dieser Band hat eine längere Vorgeschichte. Seine jetzige Gestalt verdankt er der (etwas späten) Einsicht, dass es unmöglich ist, eine global angelegte, historisch breiter ausholende empirische Studie zu dieser Thematik auch nur in ihren Kernbereichen alleine zu bearbeiten - zumindest innerhalb eines überschaubaren Zeitraums. Zuvor waren allerding schon zwei Jahre ins Land gegangen, in denen ich mich in den ausufernden gesellschaftstheoretischen Debatten, historischen Analysen und internationalen Vergleichen zur Entwicklung und Veränderung gesellschaftlicher Umweltbeziehungen im 20. und frühen 21. Jahrhundert etwas verloren hatte. Die Frage, wie sich die widersprüchlichen, ambivalenten ökologischen Transformationsdynamiken, die offenkundigen Blockaden aber auch die erstaunlichen, durch ökologische Problemdebatten oder externe Ereignisse immer wieder ausgelösten Veränderungsschübe überzeugend erklären lassen, führte zu immer neuen Entwürfen, die mit verschiedenen Kolleginnen und Kollegen auch regelmäßig diskutiert, dann aber meist auch wieder verworfen wurden. Das ist grundsätzlich zwar ein sehr produktiver wissenschaftlicher Erkenntnisprozess; aber das Zeitgespenst und der Machbarkeitszwang sitzen einem doch immer im Nacken. Nach zwei Jahren stand so zwar im Großen und Ganzen das theoretische Interpretationsgerüst dieser Studie. Aber es war überhaupt nicht absehbar, wie es gelingen sollte, in den folgenden zwei, drei Jahren die verschiedenen Themenbereiche (darunter auch solche, in die ich mich nicht schon länger eingearbeitet hatte), oder gar die Entwicklung in Schwellen- und Entwicklungsländern, von der ich bisher nur beiläufige Kenntnis hatte, halbwegs angemessen darzustellen. So lag es nahe, nach Mitstreitern zu suchen. Glücklicherweise gelang es auch, Kolleginnen und Kollegen als Co-Autoren zu gewinnen, die sich auf den unterschiedlichen Feldern der Nachhaltigkeitsforschung und im Bereich der umweltbezogenen Länderstudien einen Namen gemacht hatten oder überhaupt als Einzige in der Lage waren, einen historisch und fachlich entsprechend breit angelegten Überblick über die widersprüchlichen Entwicklungsdynamiken in den verschiedenen Transformationsfeldern oder Ländern zu geben. Ihnen allen sei noch einmal herzlich dafür gedankt, dass sie sich auf das ungewisse Abenteuer dieses Buchprojekts eingelassen haben. Insgesamt weist dieser Band so eine gewisse Asymmetrie auf. Anders als klassische Handbücher enthält er einen umfangreichen ersten Teil, in dem der theoretische und historische Bezugsrahmen der Analyse sozial-ökologischer Transformationsdynamiken entwickelt und am Beispiel der Entwicklung der Umweltregulierungen westlicher Industrieländer verdeutlicht wird. Hier kommen meine eigenen Vorarbeiten zum Tragen. Im Schlusskapitel wird dieser Bezugsrahmen dann noch einmal für eine resümierende Analyse der verschiedenen Beiträge dieses Bandes und für einen Ausblick auf die Zukunft genutzt. Die meisten Autorinnen und Autoren dieses Bandes teilen diesen theoretischen Zugang aber nicht unbedingt, zumindest nicht im Detail, auch wenn niemand einen grundsätzlichen Dissens angemeldet hat. Wir gehören keiner gemeinsamen theoretischen Schule an. Entlang der in mehreren Autorentreffen erarbeiteten Fragestellungen und durch die gemeinsame Diskussion der Rohfassungen der einzelnen Beiträge ist es aber doch gelungen, gemeinsame Perspektiven auf die Probleme und Dynamiken sozial-ökologischer Transformationsprozesse zu entwickeln und damit auch so etwas wie einen roten Faden für die Erstellung der Beiträge zu gewinnen. So hoffe ich, dass es gelungen ist, ein in sich halbwegs konsistentes, informatives, theoretisch herausforderndes Handbuch zur "sozial-ökologischen Transformation der Welt" in den vergangenen gut hundert Jahren zu erstellen. Das ist in etwa der Zeitraum, in dem, je nach Land und Region früher oder später, gezielte Bemühungen einsetzten, die Umweltfolgen beschleunigter Modernisierungs- und Industrialisierungsprozesse in den Griff zu bekommen. Der empirische Fokus der Feld- und Länderstudien liegt dabei auf der seit den 1970er Jahren sich beschleunigt vollziehenden Problementwicklung, die überall mit entsprechenden Problemdebatten und heftigen Konflikten einherging und zu neuen Regulierungsansätzen führte. Darüber hat sich die industrielle Moderne - in ihren heute sehr heterogenen, globalisierten Formen - selbst in wesentlicher Hinsicht verändert. Provoziert wurde dieses Buch, zumindest in seiner speziellen Anlage, nicht zuletzt durch das vom WBGU 2011 erstellte Gutachten zur "Großen Transformation". Die hier mit großem Aufwand aus einer planetarischen Perspektive entwickelte Transformationsvision hat zwar - zumindest für engagierte Klimawissenschaftler, Umweltpolitiker, NGOs und andere, von den prognostizierte Folgen des Klimawandels zutiefst betroffene gesellschaftliche Akteure - eine hohe Faszinationskraft. Dass damit die Verhältnisse aber nicht zum Tanzen gebracht werden konnten, hat auch mit einer entscheidenden Schwachstelle dieses Gutachtens zu tun: es beschwört eher die Notwendigkeit und Machbarkeit der Transformation, als dass es sich auf die realen Transformationsdynamiken, ihre strukturellen Triebkräfte, Widersprüche und unterschiedlichen Kontextbedingungen einlassen würde. Ökologische Transformationsprozesse sind aber immer zutiefst in gesellschaftliche Verhältnisse und Entwicklungsdynamiken eingelassen. Dieser Aspekt kommt in diesem Handbuch stärker zum Tragen. Der Schweisfurth-Stiftung sei herzlich gedankt, dass sie dieses Buchprojekt gefördert hat. Dadurch wurden eine Reihe von Autorentreffen und ein vergleichsweise intensiver persönlicher Diskussions- und Rückkopplungsprozess ermöglicht, der diesem Band mit Sicherheit zugutegekommen ist. Karl-Werner Brand München, im Juli 2017 Einleitung: Problemstellung und Untersuchungsperspektive Karl-Werner Brand Umweltprobleme sind nicht neu. Sie sind Teil der Menschheitsgeschichte. Sie haben auch nicht selten zum Untergang einzelner Gesellschaften geführt (Diamond 2005). Wie uns die Umwelthistoriker lehren, gab es bisher nur wenige Gesellschaften, die "ihre jeweilige Technologie, ihre Organisations- und Wirtschaftsformen und ihre Institutionen auch nur einige Jahrhunderte aufrechterhalten konnten. Immer wieder gerieten die Gesellschaften an die Grenzen der Ressourcen, von denen sie abhängig waren, oder sie zerstörten die sie unterhaltenden Umweltformen, bis es zur Krise kam" (Worster 1994: 96). Für den Kulturanthropologen Marvin Harris sind die Ursprünge aller Kulturen dieser Erde überhaupt nur in solchen tief greifenden Umwelt- und Ressourcenkrisen zu sehen, die zu grundlegend neuen Antworten nötigten (Harris 1977). Dass m…