Zwischen den 1950er und 1990er Jahren wurden in Westdeutschland zwischen acht und zwölf Millionen Kinder auf kinderärztliches Anraten und auf Kosten der Krankenkassen ohne Eltern zur »Erholung« verschickt. Die institutionelle Gewalt, die sich hinter verschlossenen Türen ereignete, reichte von Demütigungen über physische Gewalt bis hin zu sexuellem Missbrauch. Betroffene leiden noch heute an den Folgen der erlittenen Traumata. Anja Röhl gibt den Verschickungskindern eine Stimme und möchte die Träger ehemaliger Verschickungsheime in die Verantwortung nehmen.
»Endlich! Anja Röhl hat ein erstes Grundlagenbuch über die gigantische Verdrängung einer kollektiven Traumatisierung von Millionen von Kindern durch Verschickungen geschrieben. Dank ihrer Beharrlichkeit und dem Mut zahlloser Betroffener beginnt nun die so notwendige Aufarbeitung.« Karl-Heinz Brisch Zwischen den 1950er und 1990er Jahren wurden in Westdeutschland zwischen acht und zwölf Millionen Kinder im Alter von zwei bis zehn Jahren auf kinderärztliches Anraten und auf Kosten der Krankenkassen ohne Eltern zur »Erholung« verschickt. Während der meist sechswöchigen Aufenthalte an der See, im Mittelgebirgsraum oder im Hochgebirge sollten die Kinder »aufgepäppelt« werden. Tatsächlich erlebten sie dort jedoch oft Unfassbares: Die institutionelle Gewalt, die sich hinter verschlossenen Türen ereignete, reichte von Demütigungen über physische Gewalt bis hin zu sexuellem Missbrauch. Betroffene leiden noch heute an den Folgen der erlittenen Traumata. Anja Röhl gibt den Verschickungskindern eine Stimme und möchte die Träger ehemaliger Verschickungsheime in die Verantwortung nehmen. Sie zeigt, welches System hinter den Kinderkuren stand, und geht möglichen Ursachen für die dort herrschende Gewalt nach. Das Buch ist ein erster großer Schritt zur Aufarbeitung eines bisher unerforschten Bereichs westdeutscher Nachkriegsgeschichte und zur Anerkennung des Leids Betroffener.
Zusammenfassung
»Röhl forscht schon seit einigen Jahren zu dem Thema und ist auch auf einige Todesfälle gestoßen. Ihr Buch 'Das Elend der Verschickungskinder - Kindererholungsheime als Orte der Gewalt' gilt als Standardwerk.« Kristian Frigelj, WELT am 3. Februar 2022 »Hunderttausende wurden auf diese Weise traumatisiert durch Gewalt, Einschüchterung und Todesängste. Lange blieb all das ein Tabu. Den Kindern glaubte fast niemand. Beschwerden von Eltern versandeten. Angestoßen hat die Forschung dazu die Publizistin Anja Röhl, die selber als Kind verschickt worden war.« Caroline Fetscher, tagesspiegel am 29. April 2023 »Viele Jahrzehnte lang war ihr Schicksal vergessen. Doch seit einigen Jahren wird ihre Stimme immer lauter: die Stimme der Verschickungskinder. Seit Anja Röhl, selbst ein ehemaliges Verschickungskind, sich tagtäglich um deren Leid kümmert. Tausende Berichte ehemaliger Kurkinder hat sie inzwischen gesammelt. Täglich werden es mehr.« Ulrich Neumann und Philipp Reichert, Report Mainz am 23. November 2021 »Anja Röhl beschränkt sich nicht auf Zustandsbeschreibungen. Sie dröselt verschiedene Ursachenstränge auf, warum es in den Kurheimen zu solchen Grausamkeiten kommen konnte. Wichtigster Faktor: das Personal. Es setzte sich überwiegend zusammen aus 'Kindertanten', die in der NS-Zeit ausgebildet worden waren, und den 'Hitler- Kindern' der Jahrgänge 1926-1945.« Sabine Lueken, Konkret, 10/21 »Auf das Martyrium solcher Kinder machte erstmals die Autorin Anja Röhl mit ihrem Buch 'Das Elend der Verschickungskinder' öffentlich aufmerksam. So wurden Jungen und Mädchen genannt, die von den Nachkriegsjahren an aus westdeutschen Großstädten und West-Berlin für einige Wochen in Kurheime geschickt wurden und dort aufgepäppelt werden sollten. Oft waren sie erst drei, vier Jahre alt. Und viele mussten bei ihren Aufenthalten traumatische Erfahrungen machen« Sigrid Kneist, Der Tagesspiegel am 29. September 2021 »Das Buch zeigt, dass die Erlebnisse in den Kuren keine Einzelschicksale waren, sondern dass diese institutionelle Gewalt im System begründet war. Das mag für Betroffene eventuell eine kleine Entlastung sein. Ich kann nur empfehlen, das Buch selbst zu lesen.« Eva Schneider, Dr. med. Mabuse, Juli/August 2021 »Anja Röhls nun erschienenes Buch 'Das Elend der Verschickungskinder' enthält eine große Zahl Erlebnisberichte im Wortlaut und dokumentiert die Geschichte von Kurorten, Heimen und beteiligten Ärztinnen und Ärzten sowie die weltanschaulichen Hintergründe des Heimpersonals. Das Buch versteht sich als Ausgangspunkt eines umfassenden Forschungsprojektes, das die Familienministerinnen und -minister aller Bundesländer bereits befürwortet haben. Anja Röhls Buch ist das Ergebnis einer jahrelangen Zusammenarbeit mit mehreren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Durch die forschungsorientierten Kooperationen verfügt die Autorin über eine ungeheuer facettenreiche Sachkenntnis.« Ebba D. Drolshagen, Psychologie Heute, Heft 8, August 2021 »Mit der Frage, weshalb es zu solchen Grausamkeiten gegenüber Kindern gekommen ist, beschäftigt sich die Autorin im letzten Teil des Buches und skizziert neun mögliche Ursachenstränge. Ein besonderes Augenmerk legt sie auf den Nationalsozialismus. Sie sieht einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Brutalität und Mitleidslosigkeit der 'Tanten' in den Verschickungsheimen und der Prägung durch die NS-Ideologie, die sie in der eigenen Kindheit erfahren haben [...]. Ihr Werk ist ein entscheidender Schritt in diese Richtung.« Isabelle Kobe, Factum, 5/22 »Elend und Schicksal dieser Kinder ist erst jetzt in den Fokus gerückt, wozu besonders das Buch der Sozialpädagogin Anja Röhl beigetragen hat [...]. Im Lebensrückblick, der ja Teil der meisten Psychotherapien mit älteren Menschen ist, dürfte man sehr häufig auf Episoden wie die hier geschilderten stoßen, die bislang vielleicht wie herausgeschnitten aus dem bisherigen Leben wirkten, die aber doch ans Tageslicht drängen und einen Platz in der Biografie finden sollten. Dazu bedarf es der Sensibilität der Therapeuten, die - wie schon bei anderen Themen auch - hier ihre Aufgabe darin sehen sollten, das Schweigen zu brechen. Das Buch von Anja Röhl klammert zwar die Frage aus, was diese Erfahrungen im weiteren Lebenslauf bedeutet haben könnten und ob diese zu den Themen gehören, die im Alter wiederkehren, doch das Buch ist unbedingt zu empfehlen, um Sensibilität für ein Thema zu entwickeln, das nicht zu unterschätzen ist.« Meinolf Peters, Psychotherapie im Alter 3/2022 »Nachdem die Autorin und Betroffene die Initiative 'Verschickungskinder' gegründet und über lange Zeit Betroffenenberichte gesammelt hat, legt sie in ihrer Arbeit eine Sammlung erschütternder Selbstzeugnisse vor und geht zudem den möglichen Ursachen für die Gewalt in den Kindererholungsheimen nach. Das Buch ist sowohl ein erster wissenschaftlicher Beitrag zur Aufarbeitung dieses unerforschten Bereichs bundesrepublikanischer Nachkriegsgeschichte als auch ein Forum, das die Traumata der damaligen Kinder ernst nimmt und anerkennt.« Michael Bräuninger, Auskunft. Zeitschrift für Archiv, Bibliothek und Information, 42. Jg., 1/2022 »Sie zeigt, ausgehend vom Begriff 'Kinderverschickung', dessen (sprachliche) Wurzel in der 'Kinderlandverschickung' der Nationalsozialisten und weist damit auf die Kontinuität einer brutalen und zerstörerischen Haltung den Kindern gegenüber hin, die sich auch in der Sprache ausdrückt. Ihre ersten Hypothesen baut Anja Röhl im Anschluss an die umfassende Darstellung (inhaltlich wie geographisch über die Bundesrepublik verteilt) der Erfahrungen der Verschickungskinder in den einzelnen Einrichtungen anhand der Erforschung von neun Ursachensträngen in ihrer Suche nach Erklärungen zum Verstehen der strukturellen Gewalt in den Kinderkurheimen aus.« Birgitt Kreuter-Hafer, Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie, Heft 194, 2/2022 »Die Ausführungen der Autorin über die menschenverachtende Theori…