Jojo Moyes, Ihr Roman «Nächte, in denen Sturm aufzieht» spielt in New South Wales, an der Ostküste Australiens. Haben Sie eine besondere Beziehung zu Australien?
Meine Grossmutter war Australierin, deshalb verspüre ich eine besondere Verbindung. Ich bin vor ungefähr 13 Jahren zum ersten Mal dort gewesen und habe mich in das Land verliebt. Das war der ursprüngliche Anstoss für diesen Roman. Ich habe Whale-Watching-Touren mitgemacht und war sehr fasziniert von der Gruppe grundverschiedener Leute, die sie durchgeführt haben und natürlich von den Walen und den Delphinen selbst.
Das Örtchen Silver Bay ist eine kleine Gemeinde mit sehr engem Zusammenhalt. Was macht diese kleinen Gemeinden derart interessant für Sie, dass sie darüber schreiben möchten?
Das liegt an dieser eigenartigen Mischung von Geborgenheit und Einengung. Jede Geschichte lebt von Spannung, und ich glaube, dass in einer kleinen Gemeinde immer eine Spannung zwischen dem guten Gefühl herrscht, sich untereinander zu kennen, und andererseits den Zwängen, die einem das auferlegt. Jeder kennt deine Geschichte und die deiner Familie und deiner Freunde – das macht es viel schwieriger, sich neu zu erfinden. Ausserdem wird in kleinen Gemeinden getratscht – und zwar sehr viel!
Im Grunde ist Ihr neuer Roman eine Liebesgeschichte. Es geht um die Liebe in einer Familie und natürlich zwischen einem Mann und einer Frau. Darüber hinaus ist das Buch auch eine Liebeserklärung an das Meer und ganz besonders an Wale. Sie selbst leben auf dem Land, haben Pferde, Katzen und einen sehr besonderen – grossen – Hund. Warum halten Sie gern Tiere? Was können wir aus dem Zusammenleben mit Haustieren lernen?
Ich weiss nicht, was ich ohne meine Tiere für ein Mensch wäre. Je älter ich werde, umso inniger wird meine Beziehung zu ihnen und umso stärker wird mein Entsetzen darüber, wie wir oft mit ihnen umgehen. Unsere Kinder sind mit Tieren aufgewachsen, und ich glaube, dass sie durch ihre Beziehung zu den Tieren zugewandter, verantwortungsvoller und wohl auch emotional intelligenter sind. Ich erlebe jeden Tag Freude, besonders durch unsere Tiere aus dem Tierheim, wenn ich sehe, wie sie sich im Lauf der Monate verändern, zutraulich und unbeschwert werden. Sie geben mir doppelt zurück, was ich ihnen gegeben habe.
Was die Wale angeht, sind sie für mich eines der eindringlichsten Beispiele dafür, wie wir unser Verhältnis zur Natur zerstören, und ihre absolute Grossartigkeit und Anmut steigert nur noch den Horror, wenn sie von Menschen verletzt oder getötet werden.
«Nächte, in denen Sturm aufzieht» ist nicht nur ein Liebesroman, sondern erzählt auch eine sehr bewegende Geschichte des Verlusts. Können Sie das Bedürfnis nachvollziehen, alle Brücken hinter sich abzubrechen?
Oh ja. Ich liebe mein Leben wie es ist, und trotzdem fantasiere ich manchmal davon, einfach mit nichts weiter als meinem Pass in ein Flugzeug zu steigen und zu verschwinden. Ich kenne kaum jemanden, der davon nicht auch schon einmal geträumt hat!