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Ein Gespenst geht um - etwas kehrt wieder, tritt in Erscheinung, obgleich es bereits für tot erklärt wurde, sucht Körper, Orte und Objekte heim, obwohl ihm kein Platz in der Gegenwart der Lebenden eingeräumt wird. Neuzeit und Moderne widmeten sich der Bekämpfung des Geisterglaubens und erzeugten doch zugleich ganze Heerscharen von Gespenstern - so sorgte gerade das gespensterskeptische Zeitalter der Aufklärung für eine diskursive Verstärkung des Gespensterglaubens, und die Massenmedien erweisen sich als Brutstätten medialer Phantasmagorien. Auch im beginnenden 21. Jahrhundert sind die Geister noch wach: Sie bevölkern in vielfältigen Figurationen weite Teile der Populärkultur, sie treten als (Denk-)Figuren in theoretischen und künstlerischen Diskursen auf und fungieren als Chiffren des soziopolitisch Imaginären.
"Lernen, mit den Gespenstern zu leben"; der vorliegende Band geht aus der gleichnamigen Tagung hervor, die im Herbst 2013 im Frankfurter Mousonturm stattfand. Tagung und Buch stellen sich den Herausforderungen von Jacques Derridas Hantologie, der Lehre der Heimsuchung, die den interdisziplinären Diskurs immer wieder mit der zentralen Frage konfrontiert: Was bedeutet es, mit den Gespenstern zu leben?
In der Folge werden politische, ethische und ästhetische Potentiale, die dieser ,umgangslose Umgang' mit Gespenstern birgt, untersucht. Die Darstellungs- und Wahrnehmungsmodalitäten des Gespenstigen kommen dabei auf vielen Ebenen zur Sprache, ebenso wie seine Funktion und Bedeutung für verschiedene Kunstformen. Das Gespenstige als Denk- und Erfahrungsmodell zur Auseinandersetzung mit offenen Fragen zu Politik und Historie, Körperlichkeit und Medialität, sowie als Darstellungsdispositiv in Theater, Film, Medien, Literatur und Bildender Kunst ist daher Untersuchungsgegenstand der Beiträge des Buches. Der Band ordnet sie fünf Themenkreisen der Heimsuchung zu, die jeweils mit einer eigenen Einleitung versehen sind: Philosophie, Geschichte, Orte, Theater und Medien.
Auteur
Lorenz Aggermann (Dr. phil.) studierte Theater-, Film- und Medienwissenschaft, Europäische Ethnologie und Germanistik an den Universitäten Wien, Berlin und Bern. Er war einige Jahre als Dramaturg tätig und arbeitet gegenwärtig am Institut für Angewandte Theaterwissenschaft der Justus-Liebig-Universität Gießen. Sein Interesse gilt der Dysfunktion, der Fiktion und dem Wissen der darstellenden Kunst, ihrer affektiven und sonoren Qualität sowie diversen Figurationen von Alterität. Ralph Fischer studierte Theaterwissenschaft, Germanistik, Kunstgeschichte und Gender Studies an der Johannes Gutenberg Universität Mainz und der Universität Wien. Er war Junior Fellow am Internationalen Forschungszentrum für Kulturwissenschaften (IFK) in Wien (2005 bis 2006) und IFK Abroad Fellow an der New York University (2007). Seit 2010 ist er Studienleiter für Kultur & Medien an der Evangelischen Akademie Frankfurt am Main. Ralph Fischer ist Autor des Buches Walking Artists. Die Entdeckung des menschlichen Ganges in den performativen Künsten (Transcript 2011). Eva Holling (Dr.) ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Angewandte Theaterwissenschaft der Justus-Liebig-Universität Gießen. Sie studierte Theater-, Film- und Medienwissenschaft, Kunstgeschichte und Französisch in Frankfurt am Main und Paris und promovierte zum Thema Übertragung im Theater. Zu Theorie und Praxis theatraler Wirksamkeit (Neofelis 2016). Zudem ist sie als freie Autorin und in der künstlerischen Praxis tätig und erforscht das Format des performativen Vortrags praktisch. Sie gründete die Künstlergruppe manche(r)art mit und ist Mitglied der Kunstkollektive Mühlenkampf/Hochschule für Weltgestaltung in ständiger Gründung und Raumfaltung. Philipp Schulte studierte Angewandte Theaterwissenschaft in Bergen und Gießen, wo er zum Thema "Identität als Experiment. Ich-Performanzen auf der Gegenwartsbühne", unterstützt von der Graduiertenförderung des Landes Hessen, promovierte (veröffentlich bei Lang 2011). Derzeit arbeitet Schulte als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in Gießen und als Referent für die Hessische Theaterakademie in Frankfurt am Main. Von 2012 bis 2014 war er als Leiter des Internationalen Festivalcampus im Rahmen der Ruhrtriennale tätig. Er hat zahlreiche Aufsätze veröffentlicht, ist Co-Autor des Bandes The Wire: Analysen zur Kulturdiagnostik populärer Medien (Springer 2014) und Mitherausgeber der Bände Die Kunst der Bühne. Positionen des zeitgenössischen Theaters (Theater der Zeit 2011) sowie Thinking - Resisting - Reading the Political (Diaphanes 2013). Schulte realisierte Lehrangebote in Theorie und Praxis u.a. in Gießen, Frankfurt am Main und München. Gerald Siegmund ist Professor für Angewandte Theaterwissenschaft an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Er studierte Theaterwissenschaft, Anglistik und Romanistik an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen Theater als Dispositiv, Theater seit den 1960er Jahren, Theatertheorie, Ästhetik, Entwicklungen im zeitgenössischen Tanz und im postdramatischen Theater im Übergang zur Performance und zur Bildenden Kunst. Zu seinen Buchpublikationen gehören: William Forsythe - Denken in Bewegung (Henschel 2004) sowie Abwesenheit. Eine performative Ästhetik des Tanzes - William Forsythe, Jérôme Bel, Xavier Le Roy, Meg Stuart (Transcript 2006) Zuletzt hat er herausgegeben Subjekt: Theater. Beiträge zur analytischen Theatralität (zus. mit Petra Bolte-Picker, Lang 2011) und Dance, Politics, and Co-Immunity (zus. mit Stefan Hölscher, Diaphanes 2013).
Résumé
Ein Gespenst geht um etwas kehrt wieder, tritt in Erscheinung, obgleich es bereits für tot erklärt wurde, sucht Körper, Orte und Objekte heim, obwohl ihm kein Platz in der Gegenwart der Lebenden eingeräumt wird. Neuzeit und Moderne widmeten sich der Bekämpfung des Geisterglaubens und erzeugten doch zugleich ganze Heerscharen von Gespenstern so sorgte gerade das gespensterskeptische Zeitalter der Aufklärung für eine diskursive Verstärkung des Gespensterglaubens, und die Massenmedien erweisen sich als Brutstätten medialer Phantasmagorien. Auch im beginnenden 21. Jahrhundert sind die Geister noch wach: Sie bevölkern in vielfältigen Figurationen weite Teile der Populärkultur, sie treten als (Denk-)Figuren in theoretischen und künstlerischen Diskursen auf und fungieren als Chiffren des soziopolitisch Imaginären."Lernen, mit den Gespenstern zu leben"; der vorliegende Band geht aus der gleichnamigen Tagung hervor, die im Herbst 2013 im Frankfurter Mousonturm stattfand. Tagung und Buch stellen sich den Herausforderungen von Jacques Derridas Hantologie, der Lehre der Heimsuchung, die den interdisziplinären Diskurs immer wieder mit der zentralen Frage konfrontiert: Was bedeutet es, mit den Gespenstern zu leben?In der Folge werden politische, ethische und ästhetische Potentiale, die dieser 'umgangslose Umgang' mit Gespenstern birgt, untersucht. Die Darstellungs- und Wahrnehmungsmodalitäten des Gespenstigen kommen dabei auf vielen Ebenen zur Sprache, ebenso wie seine Funktion und Bedeutung für verschiedene Kunstformen. Das Gespenstige als Denk- und Erfahrungsmodell zur Auseinandersetzung mit offenen Fragen zu Politik und Historie, Körperlichkeit und Medialität, sowie als Darstellungsdispositiv in Theater, Film, Medien, Literatur und Bildender Kunst ist daher Untersuchungsgegenstand der Beiträge des Buches. Der Band ordnet sie fünf Themenkreisen der Heimsuchung zu, die jeweils mit einer eigenen Einleitung versehen sind: Philosophie, Geschichte, Orte, Theater und Medien.