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Was gemeint ist, wenn vom 8. Mai gesprochen wird, ist angesichts der Heterogenität der Daten und Ereignisse sowie ihrer Bezeichnungen und Deutungen keineswegs evident. Paradoxerweise kommt der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht kein eindeutiges Datum zu, und die Orte der Unterzeichnung der Kapitulationserklärung am 7. Mai in Reims und aus protokollarischen Gründen am 8./9. Mai 1945 in Berlin-Karlshorst wiederholt spielen im öffentlichen Diskurs nahezu keine Rolle. Eine europäische Verständigung über Datum, Ort und Bedeutung des 8. Mai ist bis heute nicht erfolgt, selbst unter Ausklammerung Deutschlands. Das Kriegsende und die Befreiung von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft waren geschichtliche Prozesse, die an unterschiedlichen geografischen Orten zu unterschiedlichen Zeitpunkten und in unterschiedlichen Zeiträumen stattfanden.
Die vorliegende Publikation zeigt Polyvalenzen, Widersprüche und Konflikte der Erinnerung an den 8. Mai auf, die sich aus einer internationalen, interdisziplinären und diachronen Perspektive ergeben. Prozesse der Auswahl und Konstruktion sowie die Frage danach, wann und warum sie erfolgreich werden, stehen im Fokus der Aufsätze. Sie lassen sich drei Schwerpunkten zuordnen: diskursiven Auseinandersetzungen, medialen Repräsentationen und ritualisierten, individuellen oder politischen Handlungsweisen. Geografisch werden Russland, Deutschland, Kroatien, Großbritannien, Polen, Italien, Frankreich und Israel einbezogen, analysiert werden Literatur, Fotografie, Ausstellungen, Denkmale, Architektur und Bildende Kunst, Diskurse auf nationaler und lokaler Ebene sowie Feierlichkeiten und Gedenkveranstaltungen.
Auteur
Alexandra Klei studierte Architektur und promovierte über das Verhältnis von Architektur und Gedächtnis am Beispiel der KZ-Gedenkstätten Buchenwald und Neuengamme. Sie ist Lehrbeauftragte am Kunstgeschichtlichen Institut der Ruhr-Universität Bochum, forscht und schreibt u. a. zur Architektur der White City Tel Avivs, zu jüdischen Architekten und zum jüdischen Bauen in der Nachkriegsmoderne sowie zu Erinnerungsorten. Für Jüdisches Bauen in Nachkriegsdeutschland (Neofelis 2016) erhielt sie im Dezember 2016 den Rosl und Paul Arnsberg-Preis. Zudem ist sie Kuratorin für den werkraum bild und sinn e. V., einen unabhängigen Ausstellungsraum für Fotografie und Videokunst in Berlin.
Katrin Stoll studierte Geschichtswissenschaft und Anglistik an der Universität Bielefeld und der National University of Ireland Maynooth. Sie ist seit Februar 2015 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsbereich "Funktionalität von Geschichte in der Spätmoderne" am Deutschen Historischen Institut Warschau. Ihre Forschungsschwerpunkte sind: Holocaust Studies, insbesondere Holocausthistoriographie und Holocaustzeugnisse, Strafverfolgung von NS-Verbrechen in der Bundesrepublik Deutschland, Theorie der Geschichte. Sie arbeitet als freiberufliche Übersetzerin wissenschaftlicher Texte zum post-ghetto space in Warschau aus dem Polnischen ins Englische.
Annika Wienert studierte Kunstgeschichte, Geschichte und Philosophie in Bochum und Krakau. 2014 promovierte sie zum Thema Das Lager vorstellen. Die Architektur der nationalsozialistischen Vernichtungslager in Belzec, Sobibór und Treblinka (Neofelis 2015). Die Arbeit wurde 2016 mit dem Theodor-Fischer-Preis für Architekturgeschichte des Zentralinstituts für Kunstgeschichte (München) sowie dem Marko Feingold Preis der Universität sowie Stadt und Land Salzburg ausgezeichnet. Seit Februar 2015 war sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Theorie und Geschichte von Architektur, Kunst und Design der Technischen Universität München, ab September 2016 am Deutschen Historischen Institut Warschau. Ihr Forschungsinteresse gilt der Kunst und Architektur des 20. und 21. Jahrhunderts.